Vor einem neuen „Rohstoff-Nationalismus“ warnt ein neuer Bericht der britischen Denkfabrik Chatham House. Die Nachfrage nach Erdöl und Gas, nach Bergbauprodukten sowie nach Holz, Nahrung und anderen Agrarprodukten wird weiter wachsen und sie zu decken, wird dem Bericht zufolge schwieriger.
Allerdings nicht in erster Linie, weil die Reserven an Öl oder Eisenerz aufgebraucht sind, sondern aus politischen und wirtschaftlichen Gründen. Die Märkte sind stark konzentriert: Für 19 wichtige Rohstoffe, von Holz über Fleisch und Metalle bis zu Erdöl, teilen sich laut der Studie jeweils nur drei Länder über die Hälfte der globalen Förderung. Die Erschließung neuer Quellen gehe meist mit steigenden Kosten einher, weil zum Beispiel schlechtere Böden beackert, Erze mit niedrigerem Metallgehalt abgebaut oder Erdöl mit hohem Aufwand extrahiert werden müsse. Und sie hänge von ausreichenden Transportwegen und dem technischem Fortschritt ab, aber auch von Umweltbelangen und guten Investitionsbedingungen – nicht zuletzt von politischer Stabilität. Unter anderem deshalb seien, anders als meist angenommen, kaum afrikanische Länder unter den größten Produzenten.
Der Klimawandel werde alle Probleme verschärfen, warnt die Studie
Als Folge erwarten die Fachleute von Chatham House nicht nur, dass Rohstoffe knapp und noch teurer werden. Sie befürchten ähnlich wie etwa der deutsche Politikwissenschaftler Cord Jakobeit auch Handelskonflikte um Ressourcen, die gar das Welthandelssystem gefährden könnten. Die Märkte für kritische Rohstoffe sind stets politisch gelenkt, stellt das Papier nüchtern fest. Nationale Ausfuhrbeschränkungen können ebenso wie die Finanzspekulation kurzfristige Preisschwankungen noch verstärken, so Investitionen behindern und damit mittelfristig das Angebot weiter einschränken. Um das zu verhindern, solle ein Club der rund 30 größten Rohstofferzeuger und verbraucher die Führung bei Schritten gegen Preisschwankungen und einseitigen Handelsbeschränkungen übernehmen. Man dürfe nicht „schlafwandelnd“ in eine gefährliche Rohstoff-Konkurrenz geraten.
Das Papier behandelt sowohl landwirtschaftliche Rohstoffe als auch andere, obwohl die Problemlagen sehr verschieden sind. Das hat den Nachteil, dass es manchmal recht stark verallgemeinert. Der Vorteil und eine der Stärken der Studie ist aber, dass die gegenseitige Abhängigkeit der Sektoren zutage tritt – insbesondere beim Wasserbedarf. Während in vielen Regionen das Wasser für die Landwirtschaft knapp wird, steigen zugleich der Wasserbedarf des modernen Bergbaus und die dadurch verursachte Wasserverschmutzung. Und auch Kraftwerke beanspruchen zunehmend Süßwasser. Der Klimawandel werde alle diese Probleme verschärfen, warnt die Studie. Die Lösungsschritte, die sie anbietet, laufen allerdings überwiegend auf weltpolitische Schadensbegrenzung hinaus, was leider auch schon eine Leistung wäre. (bl)
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