Um den steigenden Bedarf an Rohstoffen zu decken, investieren immer mehr chinesische Unternehmen in Lateinamerika, vor allem in Peru. Große Vorkommen an Erz, Eisen, Kupfer und Gold warten dort auf den Abbau, eine investitionsfreundliche Politik heißt Kapital aus dem Ausland willkommen. Umweltgruppen und die traditionell starken Gewerkschaften sind weniger begeistert. Ihre Kritik galt in der Vergangenheit vor allem Shougang Hierro, das seit 1992 eine Eisenmine in Peru betreibt. Laut einer Studie des Institutes für Entwicklung und Umwelt der Tufts-Universität schneiden die Chinesen aber in vielen Bereichen nicht signifikant schlechter ab als die internationale Konkurrenz.
Die Autoren der Studie haben auf der Basis offizieller Daten und Interviews die Arbeitsbedingungen, Löhne und die Umweltbilanz von Bergbaufirmen aus den USA, der Schweiz, eines internationalen Konsortiums und Shougang Hierro verglichen, die Chinesen liegen nur leicht unter dem Durchschnitt. Auffällig ist, dass die Mitarbeiter des chinesischen Unternehmens besonders häufig streiken. Grund für das schlechte Verhältnis zwischen Unternehmensführung und Belegschaft sei, so die Autoren, dass Shougang Hierro versprochene Investitionen von 150 Millionen US-Dollar in die Modernisierung der Mine jahrelang zurückgehalten hatte. Ein Sparzwang mit teils tödlichen Folgen: Veraltete Maschinen und unzureichende Sicherheitsvorkehrungen führen zu überdurchschnittlich vielen Unfällen.
Der Staat muss Bergbaufirmen stärker kontrollieren
Insgesamt zeigt sich, dass alle untersuchten Firmen regelmäßig gegen Umwelt- und Sozialstandards verstoßen. Der Staat müsse stärker eingreifen und kontrollieren, fordern die Autoren der Studie. Peru könne sich nicht darauf verlassen, dass Unternehmen ihre finanziellen Zusagen immer freiwillig einhalten.
Ob andere chinesische Unternehmen ähnlich rücksichtlos vorgehen werden wie Shougang Hierro, lässt die Studie offen. Zumindest scheint man bei aktuellen Großprojekten aus den schlechten Erfahrungen der Vergangenheit gelernt zu haben. So wirbt Pekings staatliches Aluminiumunternehmen Chinalco mit seinem Einsatz für Bildung, Gesundheit und einem Sozialfonds für den Ausbau der Kupfermine in Toromocho. Die Akzeptanz für das zwei Milliarden US-Dollar schwere Großprojekt lässt sich Chinalco einiges kosten: Mit 50 Millionen US-Dollar wird derzeit eine komplette Kleinstadt erreichtet, die den rund 5000 Bewohnern Morocochas nahe der Mine die Zwangsumsiedlung schmackhaft machen soll.
Blutiger Konflikte um amerikanische Goldmine
Optimistisch sind die Autoren der Studie auch angesichts eines Kulturwandels in den Führungsetagen. Um Konflikte mit Arbeitern und Anwohnern zu vermeiden, setzen Chinalco und andere zunehmend auf westliche und US-Amerikanische Führungskräfte. Dass die aber alles andere als ein Garant für verantwortungsvolles Unternehmertum sind, zeigt die Studie selbst: Doe Run aus den USA schneidet in vielen Punkten noch schlechter ab als Shougang. Dieses Jahr haben nicht nur die Chinesen für negative Schlagzeigen gesorgt: Mehrere Menschen starben im Sommer bei Protesten gegen die Goldmine Conga des amerikanischen Konzerns Newmont Mining und die Kupfermine des Schweizer Unternehmens Xstrata.
Das macht deutlich, dass die Studie am eigentlichen Kern des Problems vorbeizielt: Problematisch sind vor allem die gegensätzlichen Interessen der lokalen Bevölkerung und der internationalen Konzerne, egal welcher Herkunft – und das Unvermögen der Regierung, die Konflikte friedlich zu moderieren. (sdr)
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