Die EPAs sollen den Cotonou-Vertrag zwischen der EU und den AKP-Ländern ersetzen, weil die darin gewährten Handelsvorteile mit den Regeln der Welthandelsorganisation nicht vereinbar sind. Eigentlich sollten die neuen Abkommen mit allen AKP-Regionen bis Ende 2007 abgeschlossen sein, doch das erwies sich schnell als zu ehrgeizig. Bislang gibt es nur ein einziges vollgültiges EPA mit den 14 Ländern der Karibik-Gruppe. Bei vier weiteren Abkommen, die in Kraft sind – mit den Insel-Staaten Madagaskar, Mauritius, Seychellen und Papua-Guinea –, handelt es sich um bilaterale Verträge, die sich auf den Waren-Austausch beschränken und andere Fragen, die die EPAs eigentlich abdecken sollen, ausklammern.
Autor
Heimo Claasen
ist freier Journalist in Brüssel und ständiger Mitarbeiter von "welt-sichten".Die Kommission begründet ihr Ultimatum an die 18 Länder mit einem EU-Beschluss vom Januar 2008, nach denen allen AKP-Ländern nur bis zum erwarteten Abschluss der EPAs der zoll- und quotenfreie Zugang zum EU-Markt gewährt werden solle. Allerdings nennt dieser Beschluss keinen Zeitpunkt, wie lange diese Übergangsregelung gilt; die Rede ist nur von einem „angemessenen Zeitraum“.
Zwar hat die Kommission auch früher schon damit gedroht, die Übergangsregelung von 2008 sei gegenüber der Welthandelsorganisation (WTO) „nicht haltbar“, und dies als Druckmittel in den Verhandlungen eingesetzt. Doch das Ultimatum bis Ende 2013 erscheint weder angemessen noch begründet: Es gab von der WTO bisher keinerlei Signale, dass die Verhandlungen der EU mit den AKP-Ländern über WTO-kompatible Handelsabkommen zu lange dauerten. Das Ultimatum der EU richtet sich an 17 Länder Afrikas sowie Haiti, denen Brüssel mit dem Ende der zollfreien Einfuhr ihrer Güter in die EU droht. Laut Kommission haben diese 18 Länder schon ausgehandelte Abkommen entweder nicht unterzeichnet oder aber „die erforderlichen Schritte für eine Ratifizierung nicht ergriffen“. Das trifft aber letztlich auf alle 49 afrikanischen und auf 14 pazifische AKP-Mitglieder zu. Denn keines der gegenwärtig verhandelten sechs regionalen EPA scheint auf absehbare Zeit fertig zu werden. Neun der 18 vom Ausschluss vorgesehenen Länder hätten freilich keine Nachteile zu befürchten, da sie zur Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder gehören und ohnehin alles außer Waffen zoll- und quotenfrei in die EU exportieren dürfen.
Diplomaten aus AKP-Ländern sind erbost über das Vorgehen
Wirklich bedrohlich ist das EU-Ultimatum nur für zwei Länder, Botsuana und Namibia. Die sind vor kurzem nämlich in die Gruppe der Länder mit „oberem mittleren Einkommen“ gerutscht – Namibia dank seiner Uran- und Fischexporte, Botsuana wegen seiner vom südafrikanischen Konzern DeBeers vermarkteten Diamanten. Sie könnten nach Ablauf des Ultimatums nicht mehr das Allgemeine Zollpräferenz-System der EU in Anspruch nehmen, das Entwicklungsländer begünstigt, die nicht unter die „Alles außer Waffen“-Regel fallen. Der Druck der Kommission auf einzelne Länder konterkariert die ursprüngliche Absicht der EU, den alle AKP-Länder umfassenden Cotonou-Vertrag durch Abkommen mit einzelnen Ländergruppen zu ersetzen und so auch die regionale Integration in Afrika zu fördern. Diplomaten aus AKP-Ländern sind denn auch erbost darüber, dass die Kommission ihr Ultimatum gestellt hat, ohne sich vorher mit den betroffenen Ländern zu beraten – so wie sie es ihrer Ansicht nach laut dem Cotonou-Vertrag eigentlich hätte tun müssen. „Kein Sterbenswörtchen“ habe man vor dem Erlass gehört, so das AKP-Sekretariat in Brüssel. Auch dort gibt es Juristen, die das Vorgehen der Kommission derzeit prüfen. Mitte November wird sich ein AKP-Ministertreffen damit befassen.
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