Vorerst kein E10 in Österreich
Die Kehrtwende der EU-Kommission bei der Förderung von Biotreibstoffen (siehe nebenstehenden Artikel) hat in Österreich die geplante Einführung von E10 platzen lassen. Ursprünglich sollte ...
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, den Anteil von Kraftstoffen aus Nutzpflanzen bis 2020 nicht auf die vor drei Jahren beschlossenen zehn Prozent, sondern nur auf fünf Prozent zu steigern. Derzeit liegt der Anteil im EU-Durchschnitt bei 4,7 Prozent. Stärker gefördert werden sollen stattdessen Biokraftstoffe der „zweiten Generation“ aus Biomasse- und Holzabfällen, die eine bessere Klimabilanz aufweisen und keine Agrarflächen verbrauchen.
Bis 2020 sollen alle nationalen Subventionen für Biosprit aus Nutzpflanzen abgebaut werden. Dies betrifft direkte Subventionen sowie Steuervorteile, mit denen die Produktion und der Verbrauch der Kraftstoffe in den vergangenen zehn Jahren angeschoben wurden – nicht zuletzt auch durch frühere EU-Vorgaben. Die neue Richtlinie sieht zudem strengere Herkunftskontrollen und eine Zertifizierung von Biotreibstoffen vor. So soll verhindert werden, dass durch Treibstoffpflanzen der Anbau von Nahrungsmitteln in ökologisch sensible Gebiete wie zum Beispiel Regenwälder verschoben wird.
Kraftstoffe, die aus Nahrungsmitteln gewonnen werden, stehen schon seit längerem in der Kritik, Engpässe bei Lebensmitteln zu schüren. Die Organisation Oxfam geht davon aus, dass allein auf den in Europa für Treibstoffpflanzen genutzten Ackerflächen Nahrungsmittel für 127 Millionen Menschen angebaut werden könnten. Entwicklungs- und Umweltorganisationen begrüßten die Vorlage der Kommission deshalb, warnen aber, wie der österreichische NGO-Verband Globale Verantwortung, vor „zu viel Euphorie“. Im besten Fall werde die Spekulation mit Land und Lebensmitteln gedämpft; die Wende in der EU werde sie aber nicht beenden.
Ethanol hat keine bessere Klimaschutzbilanz als Biodiesel
Tatsächlich wird die Produktion von Ethanol aus Zucker und Getreide als Folge der Kommissionsvorlage sogar steigen. Denn die EU will vor allem die Herstellung von Biodiesel aus Ölsaaten wie Soja, Raps oder Sonnenblumen drastisch reduzieren. Zur Begründung beruft Brüssel sich auf Forschungsergebnisse, nach denen die Klimaschutzbilanz von Biodiesel schlechter sei als die von Ethanol. Biodiesel hat in der EU zurzeit einen Anteil von 95 Prozent am gesamten Treibstoff aus Nutzpflanzen. Wird die Produktion gesenkt, muss die Herstellung von Ethanol entsprechend gesteigert werden, um auf das Fünf-Prozent-Ziel zu kommen. Brüssel habe nur eine halbe Kehrtwendung vollzogen, monieren Umweltorganisationen. Laut anderen Untersuchungen schneidet Ethanol in der Klimaschutzbilanz zudem nicht besser ab als Biodiesel.
Aber auch Regierungsvertreter im Ministerrat, darunter auch deutsche, beurteilen die Vorlage als „noch unausgegoren“. Sie untergrabe die Bemühungen einiger EU-Länder wie Deutschland, die mit der Förderung von Treibstoff aus Nutzpflanzen die industrielle Basis für die Entwicklung von Biotreibstoffen der zweiten und dritten Generation aufbauen wollten. Abgeordnete der christkonservativen Fraktion im EU-Parlament verweisen indes auf bereits getätigte Investitionen in Anlagen zur Biospritproduktion. Deren Betreiber dürfe man nun nicht im Regen stehen lassen; die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen müssten „erst noch überdacht werden“, sagte ein flämischer EVP-Abgeordneter.
Unterdessen enthüllte die Partei der Grünen in Luxemburg, wie eine Allianz aus Automobillobby und Zuckerindustrie die erste EU-Richtlinie zum Einsatz von Biosprit vor fast zehn Jahren beeinflusst hat. Die Richtlinie sei ein „politischer Kuhhandel“ gewesen: Die deutschen Automobilhersteller hätten in Allianz mit der französischen Zuckerindustrie das Zehn-Prozent-Ziel mit den EU-Instanzen ausgehandelt – als Kompensation für strengere CO2-Grenzwerte für Autos und den Wegfall von Agrarsubventionen für Zuckerrüben.
Schlingerkurs Biosprit
Die Entscheidungen der Abgeordneten in der EU und den nationalen Parlamenten sind beim Biosprit schlichtweg haarsträubend und haben bisher Milliardenschäden zur Folge. Beginnend mit der Entscheidung für Biodiesel, als mit Steuergeldern geförderte Fabriken Raps von Stilllegungsflächen fossilen Treibstoff ersetzen sollte. Dabei wurde jedoch von den Gewählten übersehen, dass bis auf VW kein Autohersteller eine Freigabe für die Nutzung erteilte. Schäden am Motor hatte der Autobesitzer selbst zu tragen. Danach die Förderung von Rapsöl als Reinkraftstoff mit dem Ziel, heimischen Bauern Zusatzeinkommen von Flächen zu ermöglichen, die von der Nahrungsproduktion ausgeschlossen wurden. Danach die Besteuerung eben diesen Öls mit dem Endziel von 45 Ct/Liter in 4 Stufen, was schon bei der zweiten Stufe zum Zusammenbruch des Marktes führte. Gleichzeitig gingen auch die zuvor subventionierten Biodieselhersteller pleite, weil Biodiesel wg. des periodisch sinkenden Dieselpreises nun teurer als Fossildiesel war, Biodiesel aber nur immer teurer und nie billiger werden konnte. Auch wurde von den Gewählten übersehen, dass Biodiesel von den Konzernen da gekauft wird, wo es billiger ist als in Deutschland. So wurde Biodiesel aus den USA und Südamerika trotz der Verschiffung über tausende Kilometer billiger als heimischer Treibstoff. Unnötig weiter auszumalen, dass mit dem Ersatzstoff für Benzin die gleichen desaströsen Fehler gemacht wurden. Wieder wurde die Rechnung ohne den Wirt Autohersteller gemacht, die sich mit Recht vehement gg. 10% Ethanol im Sprit wehrten. All das hätte man in wenigen Gesprächen vorab regeln können. Auch ist die Erkenntnis, das die Ersatztreibstoffe Nahrungsmittel verdrängen werden durchaus vorhersehbar gewesen. Die Umstellung von fossilen Treibstoffen auf nachwachsende bedarf einer langfristigen Planung von intelligenten Menschen. Während die Zahl der mit Verbrennungsmotoren fahrenden Fahrzeuge sprunghaft zunimmt, will man nun den Anteil der biogenen Treibstoffe wieder reduzieren. Da muss man schon fragen, wem nützt es. Offensichtlich sitzen in den Mineralölkonzernen die intelligenteren Entscheider. In absehbarer Zeit wird Fossiltreibstoff so teuer, das die Verkaufszahlen der Autohersteller einknicken werden mit schlimmen Folgen für die Exportländer. Vorausdenken bedeutet hier, zu wissen, dass bei uns auf einen Hektar nur 1000 Liter Sprit produziert werden können, in den Tropen aber mit Pflanzen, die nicht als Nahrungsmittel dienen, die zehnfache Menge. Die Entscheidungen in diese Richtung sind anderenorts längst gefallen, aber nicht von unseren Parlamentariern. Politikverdruss angesichts dieser Fakten ist nicht verwunderlich.
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