Gut zwei Jahre ruhten die Waffen in Äthiopiens Nordprovinz Tigre, jetzt wird dort laut Medienberichten wieder geschossen. Fachleute fürchten, der Ende 2022 ausgehandelte Vertrag über einen Waffenstillstand zwischen der äthiopischen Bundesregierung und Tigres Regionalregierung könnte zerbrechen. Der Vertrag benennt keine Garantiemacht – einen Staat oder eine Institution –, die darüber wacht, dass sich die Konfliktparteien an die Vereinbarung halten.
Das ist ein Mangel, lautet eine der Schlussfolgerungen in einem Bericht, den die Afrikanische Union (AU) kürzlich vorgelegt hat. Darin erklärt sie, welche Lehren sie aus der von ihr organisierten Mediation zwischen den Konfliktparteien zieht. Ganz wichtig sei gewesen, beiden Seiten von Beginn an das Gefühl zu geben, dass tatsächlich sie bestimmen, was am Ende in einem Abkommen stehen soll. Deshalb habe die AU keinen Entwurf vorgelegt, sondern beide Konfliktparteien gebeten, ihre Anliegen aufzuschreiben. Daraus sei dann eine Synthese gezogen worden, die fortan als Verhandlungsgrundlage gedient habe.
Die Medien wurden kurz gehalten
Um eine von Vertrauen geprägte Atmosphäre während den Verhandlungen zu schaffen und aufrechtzuerhalten, seien die Medien nur sehr dosiert und nur von der AU in offiziellen Pressemitteilungen informiert worden. Ganz bewusst habe man auch darauf verzichtet, andere Staaten oder Institutionen in die Verhandlungen einzubinden. Auf diese Weise sollten Flexibilität geschaffen, die Kommunikation vereinfacht und schnelle Entscheidungen ermöglicht werden. Lediglich die USA, die Vereinten Nationen und die ostafrikanische Regionalorganisation IGAD seien als Beobachter beteiligt gewesen.
Als besonders wichtig hebt die AU hervor, dass sie Ansprechpartner benannt habe, an die sich die Konfliktparteien jederzeit wenden konnten, wenn sie etwa mit dem Gesprächsverlauf unzufrieden waren. So habe das dreiköpfige Mediationsteam unter Leitung des früheren nigerianischen Präsidenten Olusegun Obsanjo kontinuierlich Rückmeldung über Anliegen und die Stimmung erhalten, auf die es dann schnell reagieren konnte. Angesichts der vornehmlich von Männern geprägten Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien habe es sich als wertvoll erwiesen, dass mit der früheren südafrikanischen Vizepräsidentin Phumzile Mlambo-Ngcuka eine Frau unter den drei Mediatoren gewesen sei. Sie habe eine „eigene Note“ in die Gespräche gebracht. Bleibt zu hoffen, dass der Vertrag, der den zweijährigen Krieg mit Hunderttausenden Toten in Tigre beendet hat, stabil genug ist, um den aktuellen Spannungen standzuhalten.
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