Das theologische Stipendienprogramm des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (DNK/LWB) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) blickt auf 60 Jahre Studienaustausch zurück. In dieser Zeit wurden mehrere Tausend Theologinnen und Theologen in fünf verschiedenen Austauschprogrammen im In- und Ausland gefördert. Das Finanzvolumen liegt mittlerweile bei jährlich einer Million Euro.
Allein in diesem Jahr betreut das bei „Brot für die Welt“ angesiedelte gemeinsame Stipendienreferat rund 100 kirchliche Stipendiaten in Deutschland. Einer davon ist Áron Bence von der Evangelisch-lutherischen Kirche in Ungarn. Bis Ende dieses Sommersemesters hat Bence Evangelische Theologie in Göttingen studiert. „Mein Traum ist, in der Zukunft ein kirchlicher Diplomat unserer Kirche zu werden, der Kontakte und Gespräche zwischen verschiedenen Kirchen und Konfessionen aufrechthält.“ Von den zwei Studienjahren in Deutschland habe er persönlich sehr profitiert. Besonders dankbar sei er dafür, dass er in den Begleittagungen des Stipendienprogramms gute Kontakte zu Slowaken und Rumänen knüpfen konnte. „Das hätte ich zu Hause nicht gemacht“, sagt Bence. „Aufgrund der Vergangenheit haben wir noch immer ziemlich starke Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Slowaken und Rumänen.“
Dass sich der Aufenthalt in einem anderen Land günstig auf das ökumenische Engagement auswirkt, bestätigt eine Verbleibstudie, die das DNK/LWB anlässlich des Jubiläums herausgegeben hat. 142 Ehemalige aus 18 Ländern haben sich daran beteiligt, darunter zahlreiche Deutsche, die mit einem Stipendium im Ausland studiert haben. Demnach sind sechs von zehn der Befragten seither in der Ökumene aktiv, sei es als offizielle Beauftragte ihrer Kirchen, sei es als Mitglied in ökumenischen Zusammenschlüssen. Mehr als zwei Drittel der Ehemaligen arbeiten heute im kirchlichen und universitären Bereich, beschäftigen sich also hauptberuflich in Praxis oder Wissenschaft mit Theologie. Andere Ehemalige sind im diakonischen, im entwicklungspoltischen Bereich oder als Journalisten tätig. Die große Mehrheit der befragten Stipendiaten lobte die Qualität des Studiums. Das theologische Stipendienprogramm von DNK/LWB und EKD war ursprünglich gedacht als eine Art Dank für die Hilfe aus dem Ausland nach dem Zweiten Weltkrieg. Anbieten konnten die deutschen Kirchen akademische Bildung. Während die Lutheraner sich auf Stipendiaten aus den lutherischen Schwesterkirchen im Ausland konzentrieren, fördert die EKD Studenten aus den Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rats der Kirchen.
Seit Anfang der 1980er Jahre gibt es ein spezielles Programm für orthodoxe Theologinnen und Theologen in Deutschland. Evgenija Danilovich aus Weißrussland ist seit vier Jahren Stipendiatin in diesem Programm. Sie promoviert an der Universität Tübingen im Fach Religionspädagogik. „Ich wünsche mir, dass in meiner Kirche, der Weißrussischen Orthodoxen Kirche und in meinem Land den Fragen der religiösen Bildung und Katechese noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird“, sagt die orthodoxe Theologin. Sie hoffe, dass sie später einmal zur wissenschaftlichen Etablierung des Fachs Religionspädagogik in ihrer Heimat beitragen könne.
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