Weniger Gewalt, wo die Miliz erstarkt

Islamisten im Sahel
Die Angriffe der islamistischen JNIM auf Gesundheitseinrichtungen im Sahel folgen einer Strategie. Und sie sinken, weil sich die Gruppe lokal verankert, so eine neue Studie.

Im Mali, Burkina Faso und in geringerem Umfang im Niger greift die islamistische Miliz JNIM in Landesteilen unter ihrem Einfluss immer wieder Gesundheitseinrichtungen und Nothelfer an. In vielen Fällen hat sie Apotheken geplündert, in anderen Personal entführt und manchmal Mitarbeitende etwa von Ärzte ohne Grenzen auf der Fahrt in entlegene Gebiete umgebracht. 

Tatiana Smirnova hat für das CIDIS die Muster dieser Angriffe untersucht und erkennt eine Strategie: Die JNIM demonstriere damit, dass der Staat unfähig ist, Gesundheitsdienste im betroffenen Gebiet zu gewährleisten, schüchtere die Bevölkerung ein und zwinge sie, die Autorität der JNIM anzuerkennen. Dabei gehe die Gruppe lokal angepasst vor. So nutze sie da, wo sie den Staat bereits verdrängt hat, aber noch auf lokalen Widerstand stößt, vor allem gezielte Entführungen von Gesundheitspersonal.

Vom Terror zur stabilen Herrschaft?

Seit 2022-23 sind die Angriffe auf Gesundheitsposten und ihr Personal zwar stark zurückgegangen, findet Smirnova. Sie deutet das jedoch nicht als Zeichen der Schwäche, sondern der Stärke der JNIM. Die habe sich in den von ihr beherrschten Landesteilen zunehmend in der Gesellschaft verwurzelt und ihre Strategie angepasst: Die JNIM schaffe nun in vielen Gebieten eigene staatsähnliche Institutionen. 

Doch die Gefahr für Gesundheitspersonal und Nothelfer wird laut Smirnova mit dem Rückgang der offenen Gewalt nicht kleiner. Sie arbeiteten in ständiger Unsicherheit und müssten, um sich zu schützen, genau einschätzen, wie die Lage und die Kräfteverhältnisse am jeweiligen Ort gerade  sind. Die französischsprachige Studie ist im Bulletin Franco-Paix der Universität Québec erschienen und steht auf deren Website.

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