Für Habib Badr, Leitender Pfarrer der Nationalen Evangelischen Kirche von Beirut und seit vielen Jahren im MECC engagiert, ist dies ein herber Schlag. „Wir hatten nicht erwartet, dass es so schlimm kommen würde“, sagt er. Die Entscheidung des EED sei überraschend gekommen. Schließlich habe man im vergangenen Jahr bereits begonnen, einige der geforderten Strukturreformen umzusetzen und die Zahl der Mitarbeiter zu reduzieren.
Der Schritt des EED hatte allerdings einen mehrjährigen Vorlauf. Seit längerem schon hatten der EED und andere internationale Partner des MECC kritisiert, dass die Beiträge und Spenden der 27 nahöstlichen Mitgliedskirchen lediglich drei Prozent des Kernhaushalts des Kirchenrats ausmachten. Der Rest war von ausländischen Geldgebern gekommen. „Wir haben uns gefragt, inwiefern die Kirchen vor Ort sich wirklich mit der Arbeit des MECC identifizieren“, sagt Tim Kuschnerus, der Evangelische Geschäftsführer der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) sowie Leiter des Berliner EED-Büros. Auch sei seit langem ein gravierendes Missmanagement festgestellt worden. Der MECC habe keinerlei Bereitschaft gezeigt, echte Reformen anzugehen. Immer mehr ausländische Partner hätten in den vergangenen Jahren ihre Zahlungen an den MECC reduziert oder ganz eingestellt.
Für den EED war das Maß im Sommer vergangenen Jahres voll. Laut Kuschnerus habe der Kirchenrat kein tragfähiges Finanzkonzept vorlegen können und zudem seien Folgen des Missmanagements ans Licht gekommen. So habe der MECC beispielsweise jahrelang keine Sozialversicherungsbeiträge für seine Teilzeitangestellten abgeführt und sei zu Nachzahlungen sowie einer Geldstrafe von 80.000 US-Dollar verurteilt worden. In so einem Falle dürfe der EED gar nicht weiterfördern, sagt Kuschnerus.
Für die Kirchenlandschaft im Nahen Osten wäre das Ende des MECC ein Verlust, insbesondere für die evangelischen Kirchen, die als kleinste der vier Kirchenfamilien am stärksten an ökumenischer Zusammenarbeit interessiert sind. „Der MECC ist ein Forum, in dem alle Kirchen gleichberechtigt als Partner zusammenarbeiten. Gäbe es ihn nicht, dann wären wir nur Gäste des jeweils anderen“, sagt Badr. Der Pfarrer, dem die Probleme innerhalb des MECC wohlbekannt sind, setzt sich seit langem dafür ein, dass der Rat wieder auf soliden Füßen steht.
Auch in Deutschland sieht man das Problem, das ein Ende des MECC bedeuten würde. „Die Christen im Nahen Osten haben als kleine Minderheit nur eine Chance, wenn sie gemeinsam agieren und ihre alten, oft über Jahrhunderte gewachsenen Konkurrenzen aufgeben“, sagt Jens Nieper, Referent für den Nahen und Mittleren Osten in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Mitglieder der meisten Kirchen im Nahen Osten leben in verschiedenen Ländern der Region. „Entsprechend transnational agieren die Kirchen“, sagt Nieper. Der MECC entspreche diesen Strukturen sehr gut und habe deshalb friedensbildendes Potenzial. Nach einer Auflösung des MECC würden vermutlich nationale Kirchenräte entstehen mit der Gefahr der Politisierung und der Nationalisierung von Kirchenanliegen, befürchtet Nieper. Angesichts der unterschiedlichen nationalen Interessen im Nahen Osten sei sehr fraglich, ob die Schaffung eines neuen gesamtregionalen Kirchenrates heute überhaupt noch möglich wäre.