Am stärksten kritisiert wird eine Zusammenlegung von Entwicklungsministerium (BMZ) und Auswärtigem Amt (AA) von den beteiligten Ministerien und von der Entwicklungs-Community. NGOs und Kirchen fürchten einen Mittel- und ihren Bedeutungsverlust, wenn sie den Zugang zur Macht mit anderen teilen müssen. Die Diplomaten des AA und die Entwicklungshelfer im BMZ fürchten vor allem sich gegenseitig.
In den Partnerländern selbst, bei Thinktanks oder dem Bundesrechnungshof sorgt das uneinheitliche Auftreten der Regierung eher für Stirnrunzeln. Ganz zu schweigen von der EU und den G7-Ländern: Hier leistet sich niemand zwei separate Ministerien. Außenpolitikexperten plädieren angesichts komplexer Krisen und geopolitischer Spannungen mit Autokratien wie Russland und China für vernetzte Ansätze in der Außen-, Entwicklungs-, und Verteidigungspolitik. Das geopolitisch am stärksten umkämpfte Feld ist die Wirtschaft. Für Deutschland, dessen Stärke weniger militärischer als wirtschaftlicher Natur ist, ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit genau wie die Außenwirtschaftsförderung zentral.
Solange die Ministerien ihre Strategien nicht gemeinsam entwickeln, bleibt eine Vernetzung oberflächlich. Die Aufgaben werden aufgrund des starken Ressortprinzips (und Chefs aus unterschiedlichen Parteien) zunächst eigenständig und parallel zueinander erledigt. Kernaufgabe des BMZ ist es, Ressourcen zu verteilen, nicht Außenpolitik zu machen. Doch im stark umkämpften globalen Süden ist genau das Außenpolitik – wie jeder Außenminister weiß, der mit Regierungen in Partnerländern verhandelt.
Anders als humanitäre Hilfe war Entwicklungszusammenarbeit nie bedingungslos, sondern folgt als Soft-Power-Instrument nationalen wie mit den Partnerländern geteilten Werten und Interessen. In der Praxis jedoch gehen Entwicklungs- und Außenpolitik fließend ineinander über. Auch als FDP-Minister beide Ressorts leiteten, hatten sie nur begrenzten Erfolg, dieses Dilemma zu lösen: Da Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Fusion beider Häuser ablehnte, siedelten Dirk Niebel und Guido Westerwelle die humanitäre Hilfe im AA an, im Gegenzug für mehr entwicklungspolitisches Personal an den Botschaften. In der Folge entwickelte sich im AA die „kleines BMZ“ genannte Abteilung S für „Krisenprävention und Stabilisierung“ sowie im BMZ die „strukturbildende Übergangshilfe“. Der Bundesrechnungshof fordert schon lange eine bessere Koordinierung unter anderem dieser Doppelstrukturen.
Aus Partnerländern kommt die Kritik, dass unsere Entwicklungspolitik zu wenig nachfrageorientiert ist. Oder wie es ein Gesprächspartner aus dem globalen Süden formulierte: „Wenn wir mit China zusammenarbeiten, bekommen wir einen Flughafen. Von euch bekommen wir eine Belehrung.“ Angesichts der Paketlösungen Chinas sowie der für die enormen Transformationsaufgaben notwendigen großen Projekte wie der Just Energy Transition Partnerships oder der Global Gateway Initiative ist neben der entwicklungspolitischen Flankierung auch die Beteiligung weiterer Ressorts essenziell – wie des Wirtschaftsministeriums, das maßgeblich etwa an den Energiekooperationen mit Namibia und Südafrika beteiligt ist.
Deshalb: Die FDP will das Entwicklungsministerium nicht abschaffen, sondern für die globalstrategischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts aufstellen und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland für die Partner im globalen Süden wieder attraktiver machen. Zu einer Neuordnung von Entwicklungs- und Außenpolitik gehört daher auch die Außenwirtschaftspolitik des Wirtschaftsministeriums.
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