Der Traum vom guten Job

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Indonesier mit grün-schwarzem Helm, grün-schwarzer Jacke und Turnschuhen auf einer weiß-roten Honda, hinter ihm ein rotes parkendes Auto, Menschen am Straßenrand, eine Mauer und ein parkähnliches Gelände
Wella Andany
Max Ohandi aus Jakarta sucht trotz Universitäts­abschlusses und langjähriger Berufserfahrung seit vier Jahren eine feste Stelle.
Was tut sich in ... Indonesien?
Die Suche nach einem Arbeitsplatz mit Kranken- und Rentenversicherung ist für viele junge Menschen in Indonesien aussichtslos. Die Folge ist Resignation.

Wer in Indonesiens sozialen Medien unterwegs ist, erlebt andauernd, wie Freunde und Verwandte nach offenen Stellen fragen oder mitteilen, dass sie gerade entlassen worden sind. Zwischen 2019 und 2024 wurden laut Zentralamt für Statistik nur zwei Millionen reguläre Arbeitsplätze geschaffen, während es zwischen 2009 und 2014 noch 15,6 Millionen waren und zwischen 2014 und 2019 immerhin 8,5 Millionen. 

Laut Handelskammer liegt das zum einen an der Digitalisierung und Automatisierung wichtiger Arbeiten, zum anderen an den Folgen der Corona-Pandemie und dem im Oktober 2020 verabschiedeten Omnibus-Gesetz für den Arbeitsmarkt. Dieses Gesetz erlaubt unter anderem, befristete Arbeitsverhältnisse immer wieder zu verlängern, und ermutigt Unternehmen so dazu, mehr Freiberufler und Teilzeitkräfte anstelle von Vollzeitangestellten zu beschäftigen. „Sogar der Sohn des Präsidenten bekommt Hilfe, um einen Job zu finden“, kommentieren einige Frustrierte den Versuch der Regierung, die Vorschriften so zu ändern, dass der jüngste Sohn von Joko Widodo Bürgermeister der Stadt Solo in Zentraljava werden könnte. Der Gesetzentwurf erregte jedoch so viel Protest, dass er dann doch nicht verabschiedet wurde.

Vor allem der Beruf des Beamten ist für viele Indonesier ein unerreichbarer Traumjob. In diesem Jahr bewarben sich 3,9 Millionen Menschen um rund 250.000 offene Stellen. Die junge Agraringenieurin Devie Haedi versucht schon zum dritten Mal, solch eine garantierte Beschäftigung auf Lebenszeit zu ergattern. Jedes Jahr wird es für sie schwieriger, da immer mehr Absolventen auf den Arbeitsmarkt drängen. „Ich möchte einfach, dass auch für meinen Ruhestand gesorgt ist“, sagt Devie.

Max Ohandi hat an die hundert Bewerbungen verschickt

Autorin

Wella Andany

ist freie Journalistin und Dokumentarfilmproduzentin in Jakarta.

Viele junge und gut ausgebildete Indonesier sind ohne Arbeit, obwohl sie seit Jahren Hunderte von Bewerbungen verschickt haben. Max Ohandi, einer von ihnen, sucht seit vier Jahren einen Arbeitsplatz und fühlt sich deshalb mittlerweile minderwertig und unwürdig: „Ich habe sogar daran gedacht, mich umzubringen“, sagt der 37-Jährige leise. Obwohl er einen Abschluss in Soziologie von einer angesehenen Universität in Jakarta hat, über knapp acht Jahre Erfahrung in verschiedenen Branchen verfügt und Englisch spricht, konnte Max bisher keinen offiziellen Job finden. Er hat etwa hundert Bewerbungen verschickt, die meisten an Privatunternehmen. 20 Vorstellungsgespräche hat er geführt, seit er 2021 entlassen wurde, aber ohne Erfolg.

Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, hat Ohandi einen Teilzeitjob bei einem Fahrradtransportunternehmen angenommen, während er weiterhin auf der Suche ist. Was als vorübergehender Job gedacht war, hat sich mittlerweile zu einem Vollzeitjob ausgewachsen. Bei einer Arbeitszeit von mittlerweile acht Stunden pro Tag verdient er allerdings nur etwa 100.000 Rupien und damit weniger als sechs Euro pro Tag. 

Angesichts dieser Misere wird die Regierung immer wieder dafür kritisiert, dass sie nicht genug tut, um kleinen und mittleren Unternehmen Zugang zu Kapital zu eröffnen. Denn in der Privatwirtschaft entstehen aufgrund von Schwierigkeiten beim Zugang zu Kapital kaum noch neue Arbeitsplätze. Max Ohandi fragt sich derweil weiterhin, warum er keine gut bezahlte Arbeit finden konnte. „Ich habe das Wissen und die Erfahrung, und mein Englisch ist nicht schlecht. Ich habe zahlreiche Schulungen und Zertifizierungen absolviert, um meine Fähigkeiten zu verbessern. Ich weiß es nicht – liegt es an meinem Aussehen? An meinem Alter?“

Aus dem Englischen von Barbara Erbe.

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erschienen in Ausgabe 6 / 2024: Wo Macht sich kaufen lässt
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