Indonesien: Beten und Rohstoffe abbauen?

Ein Arbeiter steht vor einem Fahrzeug an einer Nickelmine in Soroako, Süd Sulawesi.
picture alliance / ZUMAPRESS.com/Hariandi Hafid
Die protestantischen Kirchen lehnen die von der indonesischen Regierung in Aussicht gestellten Bergbaukonzessionen ab. Sie sehen sich eher als Anwalt derjenigen, die im und unter dem Bergbau leiden. Ein Arbeiter in einer Nickelmine in Soroako, Süd Sulawesi.
Kirche und Ökumene
Ein neues Gesetz stellt Religionsgemeinschaften in Indonesien Konzessionen für den Bergbau in Aussicht. Die größte Muslimorganisation des Landes ist begeistert, andere sind zurückhaltender. Die Kirchen in Indonesien lehnen das Angebot rundweg ab.

Ende Mai hat der noch amtierende Präsident Joko Widodo ein Gesetz erlassen, wonach Religionsgemeinschaften Bergbaulizenzen vom Staat bekommen können. Dafür müssen sie innerhalb von fünf Jahren ein eigenes Unternehmen gründen, das in den Abbau der in Indonesien reichlich vorhandenen Bodenschätze einsteigt. Konkret sind von der Regierung bereits sechs Gebiete für den Kohleabbau für Religionsgemeinschaften vorgesehen. 

Das Gesetz ist Teil einer Politik, mit der Widodo die Bevölkerung stärker am Gewinn der natürlichen Ressourcen des Landes beteiligen möchte. Kritiker sehen darin allerdings vor allem eine Strategie, wie sich der scheidende Präsident die Religionsgemeinschaften gewogen halten will – auch wenn er das Amt im Oktober an seinen Nachfolger Prabowo Subianto übergeben wird.

Gemischte Reaktionen

Die Reaktionen der Religionsgemeinschaften fallen unterschiedlich aus. So hat die größte Muslimorganisation, die Nahdlatul Ulama (NU), die 95 Millionen Muslime und damit ein gutes Drittel der Gesamtbevölkerung von 280 Millionen vertritt, bereits großes Interesse an Bergbaulizenzen signalisiert. Der Vorsitzende der NU, Yahya Cholil Staquf, begrüßte das neue Gesetz als einen „wichtigen Schritt, um die Menschen direkter am Gewinn der vom Staat kontrollierten natürlichen Ressourcen zu beteiligen“. Die NU verfüge über qualifiziertes Personal, die nötigen organisatorischen Strukturen und ein Netzwerk, das bis zur Dorfebene reiche, sowie über gemeinnützige Einrichtungen, um Menschen in ganz Indonesien zu erreichen. 

Mit dieser Einstellung ändert die NU ihre grundsätzliche Haltung in Sachen Bergbau. 2015 hatte sie eine Fatwa erlassen, wonach die Ausbeutung der Bodenschätze Indonesiens auf Kosten von Mensch und Umwelt „haram“ sei – also aus religiösen Gründen verboten. Und 2019 war die Muslimorganisation eine der wichtigen öffentlichen Stimmen gegen ein Goldminenprojekt in Ost-Java.

Die Muhammadiyah, die zweitgrößte Muslimorganisation in Indonesien, gab sich anders als die NU gegenüber dem Angebot der Regierung zurückhaltend. Man wolle erst einmal prüfen, ob man die Bedingungen überhaupt erfüllen könne. Außerdem kritisierte die Organisation, dass durch dieses Gesetz die bisherige Verteilung von Konzessionen an einheimische Unternehmen über Auktionen ausgesetzt werde, bei dem die jeweils fähigsten und fairsten Bewerber den Zuschlag bekommen. Mit dem neuen Gesetz werde genau das umgangen, erklärte die Organisation Anfang Juni 

Bangen um moralische Integrität

Die protestantischen Kirchen, zu denen sich sieben Prozent der indonesischen Bevölkerung zählen, lehnen das Angebot rundum ab. Bergbau gehöre nicht zur Aufgabe von Kirchen, sagte Gomar Gultom, Vorsitzender der Gemeinschaft der Kirchen in Indonesien (PGI). Man habe sich immer für diejenigen eingesetzt, die unter dem Bergbau litten. Als Kirche würde man durch den Erwerb einer Bergbaulizenz die eigene „moralische Legitimität verlieren“.  Die Welt des Bergbaus sei „sehr komplex, hat weitreichende Folgen und ist von Kontroversen umgeben“, sagte Gomar Gultom gegenüber einem indonesischen Nachrichtenportal.

Auch die größte protestantische Kirche, die Batak Christian Protestant Church (HKBP), wird sich nicht am Bergbau beteiligen. Man fühle sich dem Schutz der vom Menschen ausgebeuteten Umwelt verantwortlich. Bergbau sei eine der Hauptursachen für Umweltschäden und die globale Erwärmung, sagte der Vorsitzende der HKBP, Robinson Butarbutar. Seine Kirche fordere die Regierung stattdessen auf, unverzüglich auf grüne Energiequellen umzusteigen und entschieden gegen Bergbauunternehmen vorzugehen, die die Umwelt zerstörten. 

Die indonesische katholische Bischofskonferenz (KWI) hat ebenfalls abgelehnt, von den in Aussicht gestellten Konzessionen Gebrauch zu machen. „Das Wirtschaftswachstum darf nicht zu Lasten menschlichen Lebens und ökologischer Nachhaltigkeit gehen“,  sagte Marthen Jenarut, Sekretär der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden. Der Erzbischof von Jakarta, Kardinal Ignatius Suharyo Hardjoatmodjo, machte deutlich, dass Bischöfe nicht für den Bergbau zuständig seien. 

Kritik an dem neuen Gesetz üben auch Umweltschützer. Bergbau sei nicht nachhaltig und schade der Umwelt und der Gesundheit der Menschen in den Gebieten, in denen die Minen liegen. Konzessionen seien deswegen nicht lukrativ für religiöse Organisationen, sagte Melky Nahar, Koordinator des Mining Advocacy Network (Jatam). Mit der neuen Verordnung wolle sich der scheidende Präsident das Wohlwollen der großen Religionsgemeinschaften sichern. Diese hätten Widodos Regime bereits in den letzten zehn Jahren sehr unterstützt. 

 

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