Eliten, nicht Wähler, sind das Problem

Autoritäre Regime
Die Demokratie ist in vielen Ländern unter Druck. Aber das liegt nicht daran, dass sie zu wenig für Bürgerinnen und Bürger leistet, sondern an den Eliten, findet eine neue Studie.

Rückschritte von demokratischen zu autoritären Regierungsformen werden oft vor allem damit erklärt, dass demokratische Regierungen nicht „liefern“ – etwa mehr und bessere Arbeitsplätze, Gesundheits- und Erziehungsdienste und andere soziale Fortschritte. Dann wendeten viele in der Bevölkerung sich ab und stimmten für Populisten und autoritäre Führungsfiguren. Doch das hält einer empirischen Prüfung nicht stand, schreiben zwei Fachleute im Journal of Democracy.

Thomas Carothers – einer der führenden US-Experten zu Demokratisierung und Demokratisierungshilfe – und Brendan Hartnett haben die These an zwölf unterschiedlichen Ländern geprüft, wo demokratische Regeln und Mechanismen abgebaut worden sind, darunter der Türkei, Ungarn, Indien, Tunesien und den USA. Sie finden, dass vor den Rückschritten in den meisten der Länder die Armut gesunken und die soziale Ungleichheit zumindest nicht gestiegen war. Das Wirtschaftswachstum sei unter demokratischen Regierungen nicht schwächer als sonst gewesen, in einigen Fällen sogar besonders hoch. Zwei Missstände allerdings hätten in einigen Fällen, darunter Brasilien und Mexiko, Demokraten geschwächt: Korruption und hohe Kriminalität.

Die Institutionen vor ihren Feinden schützen   

Doch wenn Wählerinnen und Wähler für Populisten stimmten, dann wollten sie grundlegende Veränderungen, aber meist nicht eine Schwächung der Demokratie. Die gehörte der Studie zufolge nur in drei Fällen – USA, Brasilien und Philippinen – zum Wahlprogramm der Populisten. Deren Wahlsiege seien vor allem darauf zurückzuführen, dass sie und ihre Parteien gezielt Ressentiments und Polarisierung schürten und ausnutzten. Viele Medien begünstigten das und stützten ein Zerrbild vom Versagen der Demokratie. Einmal an der Regierung, schränkten die Populisten dann die Medienfreiheit ein und schwächten Kontrollorgane. Davon lasse sich ihre Kernwählerschaft nicht abschrecken, es sei aber nicht der Wunsch der Mehrheit.

Schlussfolgerung der beiden Fachleute: Demokratien werden nicht von unten, sondern von oben geschwächt. Und das Problem sei nicht, dass sie zu wenig leisten, sondern dass sie den „räuberischen politischen Ambitionen und Methoden bestimmter gewählter Führer“ zu wenig Schranken setzten.

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