"Mit wenig Mitteln viel erreichen"

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Versorgung mit Arzneimitteln
Fünf Fragen
Carina Vetye, eine Enkelin von nach Argentinien ausgewanderten Deutschen, leitet eine Apotheke in Armenvierteln von Buenos Aires und koordiniert Hilfe von Apotheker ohne Grenzen Deutschland. Ihr ist wichtig, dass die Regie bei örtlichen Fachleuten liegt.

Woran arbeiten Sie gerade?
Ich erstelle ein Handbuch für medizinische Fachkräfte in der Nothilfe. Sie kommen oft aus wohlhabenden Ländern und haben ein breites Spektrum an Medikamenten zur Verfügung. Wenn die nicht vorhanden sind, sind sie ratlos und stellen viele Fragen, die zu beantworten niemand Zeit hat. Indem ich zum Beispiel kurz und knapp erkläre, welche – besser verfügbaren – Mittel in vielen Situationen auch helfen, wie und bei wem sie eingesetzt werden können, helfe ich, Zeit und Ressourcen vor Ort zu sparen. 

Manchmal wird diese Hilfe von den betroffenen Ländern auch ausgeschlagen. Warum?
Es gilt: Wenn mein Haus kaputt ist, darf trotzdem nicht jeder rein. Auch humanitäre Hilfe sollte nur auf Anfrage erfolgen. Was Menschen in Notsituationen brauchen, ist regional auch sehr unterschiedlich. Es ist wichtig, dass die Regie bei den örtlichen Fachleuten liegt. Brasilien hat gerade trotz schlimmster Überflutungen nicht das Ausland um Hilfe gebeten. Ich denke, dass das Land das selbst stemmen kann und will.

Sie sind etwa die Hälfte des Jahres in Argentinien. Was machen Sie dort?
Ich leite eine Apotheke in Armenvierteln von Buenos Aires, es geht um die Arzneimittelversorgung der Ärmsten, aber auch um Ausbildung von einheimischem Personal. Es geht darum, mit wenig Mitteln möglichst viel zu erreichen. Eine Apotheke in einer armen Region muss sich auf die Arzneien beschränken, die den meisten Patienten weiterhelfen, sie hat deshalb also nur drei verschiedene Blutdrucksenker im Programm und nicht 30. Ich vergleiche das gern mit einer Küche: Wer für 2500 Leute kocht, bietet keine Spezialgerichte an, sondern Eintopf für alle.

Wie sind Sie persönlich zu dieser Aufgabe gekommen?
Ich bin in Argentinien geboren, zur Schule gegangen und habe dort auch Pharmazie studiert. Meine Großeltern sind Deutsche und vor dem Zweiten Weltkrieg nach Argentinien ausgewandert. Das Land hat sie damals aufgenommen und unserer Familie ein neues Leben ermöglicht. Heute habe ich das große Bedürfnis, Argentinien etwas zurückzugeben – auch wenn mir die Regierungen der vergangenen Jahrzehnte nicht gefielen. 

Was gefiel Ihnen daran nicht?
Argentinien zählte bis Anfang der 1950er Jahre zu den reichsten Ländern der Welt. Die Regierungen haben systematisch in die eigene Tasche gewirtschaftet, heute haben wir eine Armutsquote von knapp 60 Prozent. Deshalb haben viele Menschen Ende 2023 Javier Milei gewählt – von ihm erhoffen sie sich, dass er es anders macht.

Das Gespräch führte Barbara Erbe. 

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erschienen in Ausgabe 4 / 2024: Zurück zu den Wurzeln?
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