Als Jazmin Aguisanda Jerusalem am 3. Mai 2024 morgens online ihr Konto checkt, stellt sie fest, dass ihre Banken ihr persönliches Konto und vier weitere Konten der von ihr geleiteten Hilfsorganisation Leyte Center for Development Inc (LCDe) eingefroren haben – gemäß einer Anordnung des Anti-Geldwäsche-Rates vom 2. Mai. Die Begründung ist ebenso vage wie umfassend: „Finanzierung des Terrorismus.“
Die Nachricht verblüfft örtliche Beamte und auch den deutschen Botschafter Andreas Pfaffernoschke. Erst im Januar hat er an der Einweihung einer gespendeten Reismühle in West-Samar teilgenommen, an der Jerusalems Organisation beteiligt war. Die deutsche Botschaft in Manila drängt auf eine rasche Überprüfung der Kontensperrung, da sie die Bemühungen der Botschaft beeinträchtige, „die Lebensbedingungen der Begünstigten in den armen und marginalisierten Regionen von Samar und Leyte zu verbessern“.
Renommiert im Bereich der Katastrophenvorsorge
Immerhin gehören die Klienten von LCDe zu den am stärksten von Wetterextremen bedrohten Bevölkerungsgruppen auf den Philippinen. Erst vor kurzem hat Jerusalem in zwei Städten in Ost-Samar staatliche Beamte in Katastrophenmanagement geschult und transportable Betten, Wasserbehälter und andere Hilfsmittel bereitgestellt.
2017 erhielt LCDe für seine Katastrophenvorsorge den International Climate Heroine Award von CARE Deutschland; 2021 verlieh das UN Women International Network for Disaster Risk Reduction (WINDRR) Jerusalem seinen Leadership Award.
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Üblicherweise werden Personen, deren Konten eingefroren werden, anschließend auch wegen Terrorismus vor Gericht angeklagt. Ende Mai jedoch reist Jazmin Aguisanda Jerusalem in die Vereinigten Staaten, um auf einem internationalen Forschungssymposium einen Vortrag über bewährte Praktiken bei der Katastrophenvorsorge zu halten. Vertreter der philippinischen Marine und der Luftwaffe, die auch bei diesem Symposium sind, schlagen ihr dort eine Vereinbarung vor, wonach das LDCe Entwicklungspartner des Militärs sein sollte. Jerusalem lehnt das jedoch ab, weil sie befürchtet, dass dies die Unabhängigkeit ihrer Organisation untergraben würde.
Willkür gegen Regierungskritiker
Die Regierung des ehemaligen Präsidenten Rodrigo Duterte tötete während seiner sechsjährigen Amtszeit 442 politische Aktivisten, so die Menschenrechtsorganisation Karapatan. Einige wurden von unbekannten Mitgliedern mutmaßlicher regierungsnaher Todesschwadronen ermordet. In den meisten Fällen behauptete das Militär, kommunistische Guerillas getötet zu haben, selbst wenn es sich um bekannte legale Aktivisten handelte. Seit der Machtübernahme von Präsident Ferdinand Marcos Jr. 2022 wurden 67 weitere Menschen ermordet. Fast alle waren von der Regierung mit einer „roten Karte“ versehen, also beschuldigt worden, einen kommunistischen Aufstand zu unterstützen. Der Oberste Gerichtshof der Philippinen erkannte am 8. Mai die Schwere dieser sogenannten „red tags“ an und bezeichnete sie als Bedrohung des Rechts auf Leben, Freiheit und Sicherheit.
Darüber hinaus ist „lawfare“ weit verbreitet, das heißt die willkürliche Anwendung der Gesetze gegen Regierungskritiker. Wenn beispielsweise Gerichte Aktivisten von Straftaten wie Mord, Totschlag, Waffen- oder Sprengstoffbesitz freisprechen, greift die Regierung auf terrorismusbezogene Anklagen und Sanktionen zurück, die schwerer zu widerlegen sind. Jerusalem berichtet, dass sie und viele ihrer Mitstreiterinnen und Mitstreiter als Folge des Vorgehens der Regierung inzwischen unter Depressionen leiden. Aber sie hofft, dass die Flut von Briefen nichtstaatlicher Organisationen und Regierungsbehörden aus den sieben Partnerländern ihrer Organisation LCDe den philippinischen Staat dazu bringt, seine absurden Behauptungen zu überdenken.
Aus dem Englischen von Barbara Erbe.
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