Die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) sind „gerade in diesen Krisenzeiten ein Hoffnungsschimmer“, sagte EU- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler bei der Vorab-Präsentation des Berichts in Wien. Sie hob die bisherigen Erfolge hervor: Österreich sei bei der biologischen Landwirtschaft nach wie vor Spitzenreiter in der Europäischen Union; mehr als ein Viertel der landwirtschaftlichen Flächen werden biologisch bewirtschaftet. Ein Drittel des Energieverbrauchs stamme aus erneuerbaren Energieträgern. Im Bereich lebenslanges Lernen – also bei der beruflichen und allgemeinen Aus- oder Weiterbildung – liege die Republik ebenfalls über dem EU-Schnitt. Und auch bei der Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern gehe es gut voran: Der Anteil der weiblichen Führungskräfte habe sich von 28,4 Prozent im Jahr 2011 auf 34,5 Prozent im Jahr 2022 erhöht, der Anteil von Frauen im Nationalrat sei im selben Zeitraum von 27,3 Prozent auf 39,9 Prozent gewachsen.
Den Zweiten Freiwilligen Nationalen Bericht zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) haben Vertreterinnen und Vertreter der Bundesministerien, der Bundesländer, des Städte- und Gemeindebundes, der Sozialpartnerschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft von Oktober 2022 bis Mai 2024 erarbeitet. Im für die UN erstellten Sustainable Development Report 2024 liegt Österreich auf Platz 6. Besonders die Ziele „Keine Armut“ und „Bezahlbare und saubere Energie“ sind bereits weitgehend erreicht. Handlungsbedarf besteht vor allem noch bei den Zielen zur Nachhaltigkeit von Produktion und Konsum sowie zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen.
Auswirkungen auf globaler Ebene
Eine Baustelle zeigt sich weiterhin im sogenannten Spillover-Index, in dem Österreich Platz 151 von 167 belegt. Der Index berücksichtigt schädliche sozial- und umweltpolitische Effekte der nationalen Politik – etwa der österreichischen Handelspolitik oder von Konsumgewohnheiten – auf andere Länder und ihre Bemühungen, die SDGs zu erreichen. Die meisten Länder des globalen Nordens finden sich hier auf den hinteren Listenplätzen.
Lukas Wank, der Geschäftsführer der AG Globale Verantwortung und ein Mitglied der Steuerungsgruppe von SDG Watch Austria, begrüßt, dass der neue Bericht in fast allen Kapiteln auf diese Effekte eingeht. So wird etwa angeführt, dass der Abbau von Rohstoffen in Ländern des globalen Südens für den Konsum und die Produktion von Gütern oft mit Menschenrechtsverletzungen und nachteiligen ökologischen Folgen wie verunreinigtem Grundwasser und Entwaldung einhergeht.
Um die Spillover-Effekte zu reduzieren, gibt es Lukas Wank zufolge bereits Instrumente, etwa das Lieferkettengesetz auf EU-Ebene und das Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit ab 2025. Dort spiele beispielsweise das Thema Steuersysteme eine wichtige Rolle. „Bisher wurde etwa bei Doppelbesteuerungsabkommen vor allem darauf geachtet, welche günstigen Auswirkungen das auf österreichische Unternehmen hat“, sagt Wank. Künftig solle laut dem Programm verstärkt in den Blick rücken, welche Auswirkungen diese Abkommen auf die Partnerländer und faire, transparente Steuersysteme dort haben. Die Regierung muss das Dreijahresprogramm allerdings noch beschließen. Generell muss laut Wank mehr darauf geachtet werden, wie österreichische Politik wirkt, um gegebenenfalls umsteuern zu können und zu verhindern, dass die Erreichung einzelner SDGs in Österreich die Erreichung von SDGs in anderen Ländern behindere.
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