Mit Partnerschaften für eine gerechte Energiewende (Just Energy Transition Partnerships, JETP) wollen Industrieländer Schwellen- und Entwicklungsländern dabei helfen, den Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energien zu schaffen. Die Zusammenarbeit und Finanzierung durch die G7-Staaten sollen den Kohleausstieg weltweit vorantreiben und die erneuerbaren Energien massiv ausbauen. Eine Koalition zivilgesellschaftlicher Organisationen aus Südafrika, Indonesien, Vietnam und dem Senegal möchte diese Partnerschaften gerechter machen und hat dazu im Vorfeld des jüngsten G7-Gipfels Leitprinzipien vorgestellt. Dazu zählen unter anderem beiderseitige Rechenschaftspflicht, Transparenz, Mitbestimmung der lokalen Bevölkerung und Einhaltung der Menschenrechte bei Energieprojekten. In der Abschlusserklärung des Gipfels, der vergangenes Wochenende stattgefunden hat, betonen die Regierungschefs der G7-Staaten, dass sie an den JETPs festhalten und die Energiewende fair und inklusiv gestalten wollen.
Das JETP-Modell wurde erstmals auf dem UN-Klimagipfel in Glasgow im Jahr 2021 angekündigt. Frankreich, Deutschland, Großbritannien, die USA und die Europäische Union haben mit Südafrika das erste JETP geschlossen und darin 8,5 Milliarden US-Dollar für die Reduzierung von Kohleemissionen und der Infrastruktur für saubere Energie zugesagt. Auf dem G20-Gipfel 2022 in Bali hat Indonesien als zweites Land ein solches Abkommen angekündigt, im Dezember 2022 gab es ein JETP-Abkommen mit Vietnam und im Juni 2023 hat der Senegal als viertes Land ein Abkommen angekündigt.
In Vietnam werden Klimaaktivisten verhaftet
Als Mitte Juni die Vertreter von nichtstaatlichen Organisationen aus diesen vier Ländern die gemeinsam erarbeiteten Leitprinzipien für faire Partnerschaften vorstellten, wurde allerdings deutlich, dass „Just“, also gerecht, für viele Projekten noch nicht zutrifft. Alia Kajee, Campaignerin bei der Organisation 350.org, die die Pressekonferenz organisiert hatte, findet Finanzmittel nicht neutral: „Sie können transformative Bestrebungen unterstützen oder unter dem Deckmantel des ökologischen Fortschritts Ungerechtigkeiten aufrechterhalten.“ Das derzeitige internationale Finanzsystem offenbare ein erhebliches Machtungleichgewicht zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Das müsse sich ändern.
In Vietnam habe sich die Regierung zwar zu einer gerechten Energiewende verpflichtet und ein JETP unterzeichnet, gleichzeitig würden aber führende Klimaschützer des Landes inhaftiert, sagte Maureen Harris von den Vietnam Climate Defenders und erinnerte an die vietnamesische Klimaaktivistin Hong Hoang, die seit einem Jahr im Gefängnis sitzt. „Diese unrechtmäßigen Verhaftungen und die Auflösung von zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich mit Klima und Energieaspekten beschäftigen, schaffen ein Klima der Angst“, sagte Harris. Dass die Zivilgesellschaft nicht in die JETP-Prozesse einbezogen werde, gefährde die gerechte Umsetzung der Transition und die Energiewende selbst.
Menschenrechtsverletzungen bei JETP-Projekten in Südafrika
Brighton Phiri von der südafrikanischen Nu Climate Vision betont die Notwendigkeit von Klimafinanzierung, aber auch die hohe Verschuldung des globalen Südens. Finanzierung sei nötig, müsse aber immer zu den Menschen vor Ort und in den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext passen. Er berichtet, dass es seit Beginn des Abkommens bei größeren Projekten zu Menschenrechtsverletzungen gekommen sei. Ndaye Fatou Sou von der NGO LSD Senegal kritisiert, dass man mit den Gasförderprojekten auf „falsche Lösungen“ setze und diese auch noch die Fischer bedrohten. Zudem werde die Bevölkerung nicht genug an den Projekten beteiligt.
Ashov Birry von Trend Asia Indonesia fordert, die Kohleminen in Indonesien stillzulegen und nicht auf falsche Energielösungen zu setzen. Er beklagt zum Beispiel, dass es im Plan der Regierung keine Vorschläge für Kommunen gebe, etwa zu Photovoltaik-Anlagen, und dass das JETP-Abkommen in einem Kontext von politischer Korruption und Interessenskonflikten zwischen Politik und Wirtschaft geschlossen worden sei.
Restriktive Bedingungen für Investitionen
Die Koalition der zivilgesellschaftlichen Organisationen würdigt zwar, dass das Ziel von 100 Milliarden US-Dollar Klimafinanzierung pro Jahr für ärmere Länder endlich erreicht ist. Es scheine jedoch, dass Industrieländer höhere Zinssätze und restriktive Bedingungen für ihre Investitionen befürworteten. „Das behindert wirksame Klimaschutzmaßnahmen in den Entwicklungsländern und erhöht deren Schuldenlast“, kritisiert die Koalition. Sie fordert die Staats- und Regierungschefs der G7 und die Industrieländer als Hauptverursacher der Erderhitzung auf, sich für gerechte Vereinbarungen zur Klimafinanzierung einzusetzen.
In ihrer Abschlusserklärung vom Gipfel kündigen die G7-Staaten immerhin an, aus den fossilen Energien, vor allem der Kohle, bis 2035 aussteigen, erneuerbare Energien ausbauen sowie die jährlichen Mittel für Klimaanpassung für den Süden verdoppeln zu wollen. Besonders großes Potential sehen die Minister in Afrika. Beim Gipfel kündigten die G7 daher auch die Initiative „Energie für Wachstum in Afrika“ an, die unter anderem zum Ziel hat, mehr in das bisher weitgehend ungenutzte Potenzial sauberer Energiequellen zu investieren.
Neuen Kommentar hinzufügen