Zwar wurde ein offizieller Partnerschaftsvertrag erst vor zehn Jahren geschlossen, am 16. Mai 2014, doch die Kontakte zwischen Baden-Württemberg und Burundi reichen weiter zurück: Als Startpunkt für die 40 Jahre bezieht man sich auf die offizielle Einladung des baden-württembergischen Landtagspräsidenten im Oktober 1984 zu einem Besuch in Bujumbura, der Hauptstadt von Burundi.
Beziehungen zwischen den beiden Ländern gab es jedoch bereits zuvor: Im Oktober 1963 besuchte der damalige König von Burundi Baden-Württemberg, und von 1899 bis zum Ersten Weltkrieg war Burundi Teil der deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika. Die koloniale Vergangenheit spielt bis heute eine Rolle in der Partnerschaft.
Seit 2013 hat die Partnerschaft fünf Themenschwerpunkte: Bildung, Gesundheit, sozialer Zusammenhalt, Agroforstwirtschaft und Tourismus. Neben den politischen Kontakten, die vom Staatsministerium in Stuttgart betreut werden, gibt es auch eine zivilgesellschaftliche Komponente, die von der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ) koordiniert wird. Unter dem Dach der Partnerschaft sind Schulen, die Universität Tübingen und die Verwaltungshochschulen in Kehl und Rottenburg, aber auch Vereine, Kirchen und Kommunen aktiv. Offizielle Städtepartnerschaften mit burundischen Kommunen gibt es nicht.
Eine gewachsene Struktur der Partnerschaft
Andere Beteiligte sind zum Beispiel die Genossenschaft für Fairen Handel Weltpartner und die Eine-Welt-Läden in Baden-Württemberg, die Produkte aus Burundi wie den fair gehandelten Café du Burundi vertreiben. Mit eingebunden ist auch die Vereinigung der Burunder im Exil (Diaspora Burundaise d’Allemagne, BDD). „Wir haben es mit einer gewachsenen Struktur zu tun“, sagt Muna Hassaballah von der SEZ. Über 150 Projekte habe die Stiftung in den letzten zehn Jahren im Partnerland gefördert, seit 2023 habe sie ein Verbindungsbüro in Bujumbura.
Die geringe Sichtbarkeit könnte auch damit zu tun haben, dass die Konflikte in der Region in den deutschen Medien ein Schattendasein führen. Die politische Instrumentalisierung von ethnischer Identität zwischen Hutu und Tutsi befeuert immer wieder Konflikte im Länderdreieck Demokratische Republik Kongo, Burundi und Ruanda. Die drei Länder sind durch Sprache, Kultur, Handel und familiäre Beziehungen miteinander verflochten, vor allem in den Grenzregionen. Der Osten der DR Kongo ist zudem seit Jahrzehnten mit einem Guerillakrieg konfrontiert, an dem auch die Nachbarländer beteiligt sind.
Frieden und Versöhnung im Fokus
Versöhnung und Friedensarbeit stehen in der Zusammenarbeit zwischen Baden-Württemberg und Burundi im Fokus. „Amahoro“ wird die Partnerschaft betitelt, das Wort bedeutet in der in Burundi weitverbreiteten Sprache Kirundi „Frieden“. In Zusammenarbeit mit der Universität Burundi soll in Bujumbura ein Institut für Friedens- und Konfliktforschung entstehen, das das Augenmerk auf Konfliktursachen legt.Burundische Wissenschaftler sollen dort zum Umgang mit Traumafolgen, zur Aufarbeitung der Kolonialgeschichte und zu weiteren Themen arbeiten, die für die praktische Friedensarbeit wichtig sind.
Weiter fortgeschritten seien die Pläne für ein Friedenszentrum in Nyanza-Lac im Süden Burundis, sagt Deogratias Maruhukiro, der im Auftrag des Staatsministeriums in Stuttgart die Koordination für das Projekt übernommen hat. Maruhukiro ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Caritas-Studien der Universität Freiburg und katholischer Priester. „Hier geht es allerdings um mehr als die Rivalität zwischen Hutu und Tutsi, denn viele Konflikte haben ihre Wurzeln in der Kolonialzeit“, sagt er. In Kooperation mit den Bistümern Rottenburg-Stuttgart und Freiburg sowie der Diözese Bururi in Burundi unterstützt das Staatsministerium in Stuttgart die Girubuntu Peace Academy; sie soll am 5. Oktober eröffnet werden und Menschen unterschiedlicher Religion, Konfession und Ethnie zusammenbringen. 60 Prozent der Burunder sind Katholiken.
Das Thema Frieden in Burundi ist heikel, die Regierung beschränkt die Meinungsfreiheit und die Bürgerrechte. Für die SEZ sei es wichtig, dass Projekte partnerschaftlich und machtkritisch umgesetzt werden, meint Muna Hassaballah. Die viel beschworene „Augenhöhe“ zwischen den Partnern hingegen sei „unrealistisch“ angesichts des finanziellen Ungleichgewichts zwischen den reichen Gebern in Deutschland und den Nehmenden in Burundi, sagt Deogratias Maruhukiro. Dieses Machtgefälle müsse man immer wieder ansprechen.
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