Ukraine wieder größter Empfänger

Übergabe humanitärer Hilfe in Charkiw/Nordostukraine.
NurPhoto via Getty Images
Nach einem russischen Angriff auf Charkiw im Nordosten der Ukraine erhalten die Menschen dort am 6. April 2024 humanitäre Hilfe. Die Ukraine war im Jahr 2023 mit einem Anteil von 20 Milliarden US-Dollar wie 2022 der größte Empfänger von öffentlicher Entwicklungshilfe, sie erhielt 9 Prozent mehr als im Vorjahr.
Entwicklungshilfe
Die internationale Entwicklungshilfe ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Der Entwicklungsausschuss des Industrieländerklubs OECD wertet das als Beleg dafür, dass die Hilfe „krisenfest“ ist.

Die Geberländer der OECD haben im vergangenen Jahr 223,7 Milliarden US-Dollar öffentliche Entwicklungshilfe (Official Development Assistance, ODA) bereitgestellt, 1,8 Prozent mehr als im Jahr 2022. Damit ist die Hilfe laut den Mitte April vom OECD-Entwicklungsausschuss DAC vorgestellten vorläufigen Zahlen das fünfte Mal in Folge auf ein Rekordhoch geklettert. Der Anteil der humanitären Hilfe an der Gesamtsumme lag bei 11,5 Prozent, etwas mehr als 2022. Gesunken sind hingegen die anrechenbaren Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen aus Entwicklungsländern: Sie lagen 2023 gut 6 Prozent niedriger als im Vorjahr. Rechnet man dieses Kosten aus der Gesamtsumme heraus, ist die ODA 2023 sogar um 3,2 Prozent gestiegen.

Die Ukraine war mit einem Anteil von 20 Milliarden US-Dollar wie 2022 der größte Hilfeempfänger , sie erhielt 9 Prozent mehr als im Vorjahr. In die palästinensischen Gebiete Gaza und Westjordanland flossen mit 1,4 Milliarden US-Dollar sogar 12 Prozent mehr als 2022, 91 Prozent davon in Form von humanitärer Hilfe. In die Länder Afrikas südlich der Sahara und in die Gruppe der ärmsten Länder flossen 5 beziehungsweise 3 Prozent mehr, nachdem die Hilfe dorthin im Vorjahr noch jeweils deutlich gesunken war.

Größter Geber in absoluten Zahlen waren die USA (66,04 Milliarden US-Dollar), gefolgt von Deutschland (36,68 Milliarden US-Dollar), der Europäischen Union (26,93 Milliarden US-Dollar), Japan (19,6 Milliarden US-Dollar) und Großbritannien (19,11 Milliarden US-Dollar). Gemessen als Anteil an der Wirtschaftsleistung (ODA-Quote) lag Norwegen mit 1,09 Prozent vor Luxemburg (0,99 Prozent), Schweden (0,91 Prozent), Deutschland (0,79 Prozent) und Dänemark (0,74 Prozent). 

Öffentliche Entwicklungshilfe gilt als "krisenfest"

Der Anteil von verbilligten Krediten an der gesamten ODA lag im vergangenen Jahr bei 8 Prozent, wobei hier seit einigen Jahren nicht der Nennwert eines Kredits in die Statistik einfließt, sondern das sogenannte Zuschussäquivalent, also der Betrag, den die öffentliche Hand aufwenden muss, um einen Kredit zu verbilligen, so dass er als ODA gezählt werden kann. Die Förderung von Privatinvestitionen mit ODA-Mitteln – die sogenannten „private sector instruments“ (PSI)  – hatten im vergangenen Jahr einen Anteil von 1,3 Prozent an der Gesamt-ODA. Der Anteil der Flüchtlingskosten lag 2023 bei 13,8 Prozent der gesamten ODA, in Deutschland waren es 19,3 Prozent, in Österreich 14,7 Prozent und in der Schweiz 28,3 Prozent.

Die Länder der Europäischen Union haben ihre ODA 2023 um 7,7 Prozent gesenkt. In Deutschland waren es 5,8 Prozent weniger, obwohl die angerechneten Flüchtlingskosten sogar gestiegen sind. Gesunken sind laut DAC vor allem Entwicklungskredite aus Deutschland. In Österreich sank die ODA um gut 4 Prozent, vor allem wegen gesunkener Flüchtlingskosten, in der Schweiz hingegen stieg sie um fast 7 Prozent. 

Der DAC-Vorsitzende Carsten Staur zeigte sich bei der Präsentation der Zahlen zuversichtlich, dass die Geber auch in den kommenden Jahren ihre Entwicklungshilfe nicht deutlich reduzieren. Der deutliche Anstieg um 34 Prozent seit 2019 sei vor allem auf Krisen wie die Covid-Pandemie, den Ukraine-Krieg und steigende Flüchtlingszahlen zurückzuführen. Aber selbst wenn man diese drei Faktoren herausrechne, sei die ODA in den Jahren 2021 und 2022 noch um 3 beziehungsweise 4 Prozent gestiegen. Er rechne auch nicht damit, dass die Sparpolitik in vielen Geberländern zu drastischen Kürzungen bei der Entwicklungshilfe führen werde, sagt Staur. Das sei auch nach der Finanzkrise 2008/2009 nicht der Fall gewesen. Die ODA habe sich insofern als „krisenfest“ erwiesen.

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