Die äthiopische Regierung will ihre Truppen bis zum Ende des Jahres aus dem Nachbarland Somalia abziehen. Damit geht eine zweijährige Besatzung zu Ende, mit deren Hilfe sich die somalische Übergangsregierung mit Mühe und Not an der Macht halten konnte. Gemäßigte Islamisten sehen eine Chance auf Frieden. Aber viel eher ist zu befürchten, dass sich die Anarchie in dem zerrütteten Land weiter vertieft.
Äthiopien hatte seine Truppen im Dezember 2006 nach Somalia geschickt, um der somalischen Übergangsregierung im Kampf gegen die Union islamischer Gerichtshöfe (UIC) beizustehen, die damals weite Teile des Landes kontrollierte. Gemeinsam gelang es ihnen, die Islamisten zu vertreiben. Das gab deren radikalem Flügel Auftrieb. Die Al-Shabab-Miliz führt seitdem einen Guerillakrieg gegen die somalischen Regierungstruppen und die Äthiopier, hat inzwischen die Kontrolle über den Süden Somalias wiedererlangt und ist auf dem Vormarsch nach Mogadischu.
Die äthiopische Regierung und die Vereinigten Staaten, die ihre Strategie unterstützten und selbst im Namen des „Krieges gegen den Terror“ Luftangriffe in Somalia flogen, haben das Gegenteil von dem erreicht, was sie beabsichtigt hatten. Es ist nicht gelungen, der international anerkannten Übergangsregierung im eigenen Land Macht und Respekt zu verschaffen. Ganz im Gegenteil: Die meisten Somalis sehen Präsident Abdullahi Yusuf Ahmed und seine Minister als Marionetten Äthiopiens an. Die Regierung ist zudem zutiefst zerstritten und untergräbt damit die Friedensverhandlungen mit den gemäßigten Islamisten, die seit Monaten unter Vermittlung der Vereinten Nationen in Dschibuti stattfinden. Sämtliche Vereinbarungen, die dort erzielt wurden, stehen bislang allerdings lediglich auf dem Papier. Nach dem Abzug der Äthiopier wird die Übergangsregierung wohl ihren letzten Rest Macht sehr schnell an die radikalen Islamisten verlieren. Der Führer des gemäßigten islamistischen Flügels, Scheich Sharif Ahmed, sieht dennoch gerade jetzt eine Chance auf Frieden, vorausgesetzt die Friedenstruppen der Afrikanischen Union (AU) im Land werden verstärkt. Das ist jedoch aus Finanz- und Sicherheitsgründen unwahrscheinlich. Zu groß ist das Risiko, dass die Mission scheitert.
Die radikalen Islamisten jedenfalls bekämpfen die AU-Soldaten genauso wie die Äthiopier und haben schon angekündigt, in ihrem Kampf nicht nachzulassen. Es gibt also kaum Hoffnung, dass das geplagte Land im neuen Jahr zur Ruhe kommt. (gwo)