Wie viele Milliarden Euro Steuerfluchtgelder aus Entwicklungsländern auf Schweizer Bankkonten liegen, steht in keiner Statistik. Die Erklärung von Bern schätzte den Betrag vor vier Jahren auf bis zu 1215 Milliarden Euro. Die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) beziffert die jährlichen Verluste durch Steuervermeidung für Entwicklungsländer auf 850 Milliarden US-Dollar (692 Milliarden Euro). Steuerparadiese wie die Schweiz müssten armen Ländern helfen, Steuerflucht und Kapitalabfluss zu stoppen, betonen die Erklärung von Bern (EvB) und Alliance Sud in einer neuen Broschüre.
So solle sich die Regierung bei multinationalen Konzernen für länderweise aufgeschlüsselte Bilanzen (Country-by-Country Reporting) einsetzen. Damit würde ersichtlich, in welchen Ländern wie viel Umsatz erzielt, Steuern gezahlt und Gewinne erwirtschaftet werden. Das Instrument sei zwar noch nicht ausreichend, aber hilfreich im Kampf gegen Korruption und Veruntreuung von Rohstofferträgen. Die Schweiz mit ihren von Kanton zu Kanton unterschiedlichen Steuerregeln solle mit gutem Beispiel vorangehen. Doch die Schweizer Regierung sieht derzeit keinen Handlungsbedarf, wie sie in Antworten auf parlamentarische Anfragen klar macht.
Für unabdingbar halten die Autoren den automatischen Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden. Damit würden auch Steuersünder aus Entwicklungsländern abgeschreckt. Auf dem Weg dorthin fordern sie mindestens „einfache Steuerinformationsabkommen“, die es erlauben, Amtshilfe bei Steuerhinterziehung zu fordern. Derzeit regelt die Schweiz die Amtshilfe lieber mit komplexen Doppelbesteuerungsabkommen, weil sie damit Einfluss auf Quellensteuersätze in den Partnerländern nehmen kann.
Die Schweiz könnte jedoch auch Steuern auf die Zinserträge von Schwarzgeld erheben und diese an die Entwicklungsländer überweisen. Damit fließen Steuereinnahmen in die Länder zurück und diese könnten abschätzen, wie viel undeklariertes Kapital ihrer Bürger auf Schweizer Konten liegt. Derzeit erhebt die Schweiz eine solche Quellensteuer nur auf Kapitalerträge von EU-Bürgern.
Die Verfasser der Broschüre erinnern dran, dass Steuern nicht nur dazu dienen, Bildungs- und Gesundheitssysteme aufzubauen und zu unterhalten. Sie trügen auch zum Staatsaufbau und zur Demokratisierung bei. „Wer Steuern zahlt, will in der Politik mitbestimmen können.“ Häufig fehlten aber die Kapazitäten, um wirksame Steuersysteme aufzubauen. „Entwicklungshilfe, die den Ausbau der Steuerbehörden in ärmeren Ländern bezweckt, ist darum durchaus sinnvoll.“
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