Ein amtierender Präsident unterliegt in einer Stichwahl äußerst knapp seinem politischen Gegner – und räumt das Feld. Das klingt unspektakulär, ist es aber nicht. Denn die Welt ist inzwischen anderes gewöhnt. Etwa einen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, der noch nie damit hinter den Berg gehalten hat, dass er nur einen Sieg akzeptiert. Oder die herrschenden Juntaführer der Sahelstaaten Mali, Niger und Burkina Faso – Assimi Goïta, Abdourahamane Tiani und Ibrahim Traoré. Alle drei haben in diesem Jahr gezeigt, was sie von demokratischen Wahlen und friedlichen Protesten halten: nichts.
Etwa 1000 Kilometer südlich von Malis Hauptstadt Bamako aber bietet das relativ kleine, von vielen Kristen gebeutelte Land Liberia ein Beispiel dafür, wie ein demokratischer Machtwechsel vor sich gehen kann. Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt am 14. November setzte sich der frühere Vizepräsident Joseph Boakai knapp gegen Amtsinhaber George Weah durch – und der räumte seine Niederlage kurz darauf ein. "Das liberianische Volk hat gesprochen und wir haben seine Stimme gehört", erklärte der Ex-Fußballer Weah laut Medienberichten der Nation.
In Liberia ist erst vor zwanzig Jahren ein Bürgerkrieg zu Ende gegangen, der um die 250.000 Menschen das Leben gekostet hat und dessen Gräuel noch immer nicht aufgearbeitet sind. Angesichts dessen ist der Satz aus dem Munde des geschlagenen Präsidentschaftskandidaten eine Sensation. Auch der Wahlkampf ist laut Beobachtern friedlich und fair verlaufen. So wie bereits vor sechs Jahren, als Weah sich seinerseits gegen den heutigen Sieger Joseph Boakai durchgesetzt hatte. Das sollte Anlass sein zu erforschen, was die Menschen in Liberia richtig gemacht haben und welche Lehren sich daraus ziehen lassen.
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