Der Malariabericht der Weltgesundheitsorganisation WHO enthält im Dezember erstmals ein eigenes Kapitel zum Thema Klimawandel. Was ist der Hintergrund?
Der Klimawandel ist ein ganz wichtiger, wenn nicht der wichtigste Treiber für die Zunahme von Tropenkrankheiten weltweit – und Malaria zählt dazu. In der Fachwelt ist seit Jahren unstrittig, dass steigende Temperaturen, Stürme und Überschwemmungen das Verbreitungsgebiet der Anopheles-Mücken erweitern, die den Malariaerreger Plasmodium übertragen. Die Stechmücken mögen es feucht und warm; je wärmer es ist, desto schneller vermehren sie sich.
Gibt es dazu Zahlen?
Es gibt keine Gleichung im Sinne von: Bei einer Temperatur von so viel Grad Celsius steigt die Zahl der Erkrankungen um so viel. Aber wir wissen beispielsweise, dass längere Sommer und mildere Winter in Äthiopien, Kolumbien und Teilen Asiens dafür gesorgt haben, dass deutlich mehr Menschen an Malaria erkranken als noch vor zehn Jahren. Pakistan wiederum erlebte im Sommer und Herbst 2022 die schlimmsten Überschwemmungen seiner Geschichte – und zwischen Mitte Juni und September wurden 539.000 Fälle von Malaria erfasst, im gesamten Jahr 2021 waren es 400.000 gewesen.
Die WHO will 2024 eine technische Expertengruppe zum Zusammenhang von Klimawandel und Malaria einrichten, die eine WHO-Position erarbeiten soll. Sind sich die Fachleute doch nicht einig?
Die Gesundheitsexperten sind sich durchaus einig darüber, dass und wie der Klimawandel die Verbreitung von Malaria beschleunigt. Aber sie sind ja selbst in der WHO nicht diejenigen, die die großen Entscheidungen fällen. Was sie aber tun können und wahrscheinlich tun werden, ist, den Zusammenhang zwischen Klimawandel und einer größeren Verbreitung tropischer Krankheiten wissenschaftlich eindeutig und umfangreich zu belegen und damit klarzumachen, dass Klimaschutz erste Priorität haben muss, nicht nur lang- sondern auch kurzfristig. Damit tragen sie hoffentlich dazu bei, dass diejenigen, die für striktere Regeln zum Klimaschutz eintreten, nicht mehr so oft als Spinner abgetan werden, national und international.
Auch innerhalb der WHO?
Ja. Denn auch unter den WHO-Mitgliedern gibt es Staaten, die vom Öl- oder Gasexport abhängig sind und die alles dafür tun, deutliche Statements zum Thema fossile Energien und Klimawandel zu verhindern. Das Klimawandelkapitel im WHO-Malariabericht und die Erkenntnisse der zukünftigen Expertengruppe werden hoffentlich denen den Rücken stärken, die sich für strengeren Klimaschutz einsetzen.
Das Gespräch führte Barbara Erbe.
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