So viele kirchliche Erklärungen in kurzer Zeit zum selben Thema gibt es selten. Sieben Mal haben sich katholische Bischofskonferenzen in Westafrika seit dem Putsch in Niger am 26. Juli zu Wort gemeldet. Den Anfang hatte die katholische Bischofskonferenz von Burkina Faso und Niger gemacht, die für die Katholiken in beiden Ländern zuständig ist. Sie äußerte Kritik am Plan der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS), mit einer Militärintervention den abgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum wieder an die Macht zu bringen. „Wir glauben nicht an die Lösung durch Gewalt, zu der wir deshalb eindeutig ‚Nein‘ sagen“, schrieben die Bischöfe und warnten vor einer Destabilisierung der gesamten Region.
Wenige Tage später wandten sich Nigerias Bischöfe direkt an den nigerianischen Präsidenten Bola Ahmed Tinubu, der seit Anfang Juli den Vorsitz der ECOWAS innehat und sich für eine Militärintervention in Nigerias Nachbarstaat stark macht. „Wir rufen den Präsidenten auf, die ECOWAS-Staatschefs von dem Vorhaben abzubringen, gegen die Putschisten in den Krieg zu ziehen“, heißt es in einer Erklärung. „Wir sagen zwar nein zum Staatsstreich, aber wir sagen auch nein zu einem Krieg.“
Erinnerung an Verluste
Man solle nicht vergessen, dass Nigeria während der Intervention westafrikanischer Staaten im Bürgerkrieg in Liberia und Sierra Leone in den 1990er Jahren die Hauptlast des Verlustes an Menschen und Material getragen habe. „Kriege lösen keine Streitigkeiten. Es ist besser, einen Dialog zu führen, als in einen groß angelegten Krieg einzutreten, von dem niemand genau sagen kann, wann er enden wird“, heißt es in der Erklärung.
Als die ECOWAS-Staatschefs nach Verstreichen des Ultimatums an die Putschisten am 6. August zu weiteren Beratungen zusammenkamen, redete die Regionale Bischofskonferenz von Westafrika RECOWA (ein Zusammenschluss von elf Bischofskonferenzen, die für 16 westafrikanische Länder zuständig sind) ihnen ins Gewissen. „Wir sind zutiefst besorgt über die regionalen Spannungen, die mit der politischen Situation in Niger verbunden sind“, heißt es in einer Erklärung. „Das Leben unserer westafrikanischen Völker steht auf dem Spiel.“
Die Bischöfe verwiesen auf die gescheiterte westliche Intervention in Libyen vor zwölf Jahren. „Wir bekräftigen und bestehen gegenüber der ECOWAS und der Afrikanischen Union darauf, dass jede militärische Intervention in Niger zum jetzigen Zeitpunkt die Situation der Menschen in Niger und der Subregion mehr verkomplizieren würde, als dass sie Lösungen brächte.“ Der dschihadistische Terror in Niger, Mali, Burkina Faso und Teilen von Nigeria fordere bereits seinen grausamen Tribut an Witwen, Waisen, Vertriebenen, Hungernden, Verstümmelten.
"Geist des Palaverbaums"
Mitte August wiederum forderten die Bischofskonferenzen in Benin und Togo unabhängig voneinander die Aufhebung der von der ECOWAS gegen Niger verhängten Wirtschaftssanktionen. Diese träfen eine Bevölkerung, die bereits stark unter Armut und Elend leide. Sowohl in Benin als auch in Togo riefen die Bischöfe die Gläubigen zu Friedensgebeten und Fastentagen für das „Brudervolk von Niger“ auf. Und Benins Bischöfe schlugen vor, sich von dem in der afrikanischen Tradition tief verwurzelten „Geist des Palaverbaums“ leiten zu lassen, bei dem Verhandlungen, Zuhören, Versöhnung und Konsens im Mittelpunkt stehe.
Ende August warnten die Bischöfe in Ghana vor einer Militärintervention. Mali und Burkina Faso stünden an der Seite der Putschisten im Niger und würden jede militärische Aktion als Kriegserklärung betrachten. Statt militärisch zu intervenieren, solle die ECOWAS sich vielmehr mit den Putschisten an einen Tisch setzen, um einen Fahrplan zur Bewältigung der Krise zu diskutieren.
Außer in der Erklärung aus Nigeria wird in den Stellungnahmen der westafrikanischen Bischöfe der Putsch im Niger selbst nicht weiter thematisiert oder gar verurteilt.
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