Der Krieg in der Ukraine beschäftigt auch die Austrian Development Agency (ADA). Die vom österreichischen Außenministerium 2004 gegründete Agentur für Entwicklungszusammenarbeit wickelt auch Beiträge aus dem Auslandskatastrophenfonds (AKF) ab. Bis Anfang April seien 17,5 Millionen Euro an Katastrophenhilfe an die Ukraine geflossen, sagt Friedrich Stift, seit einem Jahr Direktor der ADA. Österreich bereite sich auch auf Hungersnöte in Afrika und Nahost vor, die als Folge von Ernteeinbußen in der Ukraine drohten. Stift: „Die Preise für Weizen und Sonnenblumen gehen dramatisch in die Höhe, gleichzeitig droht eine Dürre in Äthiopien und Somalia.“ Dank des in den vergangenen Jahren fast vervierfachten AKF würden auch dafür Mittel bereitstehen. Eine der Prioritäten der ADA sei der Kampf gegen die Hungergefahr.
Stift, der zuvor Botschafter in China war, hat sein Amt vergangenen Juni übernommen. In letzter Zeit war er vor allem damit beschäftigt, einige Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit kennenzulernen, zuletzt Georgien und Armenien. Reisen in die afrikanischen Länder Äthiopien, Uganda, Mosambik und Burkina Faso folgen im Sommer.
Strittig in der neuen Strategie ist das Thema Migration
Stift ist nicht nur mit dem Ukraine-Krieg beschäftigt, er muss auch auf die neue Dreijahresstrategie der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit warten, die bereits letztes Jahr vom Parlament beschlossen werden sollte. Er macht sich Hoffnungen, „dass das bald in den Ministerrat kommt“. Große Veränderungen gegenüber der aktuellen Strategie erwartet er nicht: „Die Grundprinzipien werden beibehalten.“ Veränderungen werde es nur „in Nuancen“ geben. So soll etwa ein Fokus auf irreguläre Migration gelegt werden. Das war vor allem dem ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ein Anliegen. Es gehe darum, Perspektiven in den Herkunftsländern der Migranten zu schaffen, sagt Stift.
Über die Gründe, warum sich die Fertigstellung des Dreijahresprogramms verzögere, bleibt Stift, ganz Diplomat, allgemein. Es müssten wohl noch letzte Details zwischen den Koalitionspartnern verhandelt werden. Petra Bayr, entwicklungspolitische Sprecherin der SPÖ, muss hingegen keine politischen Rücksichten nehmen. Sie habe gehört, dass die Grünen, ganz in Übereinstimmung mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, verhindern wollten, dass „Entwicklungszusammenarbeit mit Flüchtlingsabwehr konnotiert“ werde. Auch die enge Verknüpfung von Wirtschaft und Entwicklung sei ein Streitthema. Dass auch die Strategie für humanitäre Hilfe noch nicht dem Parlament vorgelegt worden ist, sei wohl eine „Retourkutsche“ der ÖVP.
In den vergangenen Jahren wurde die Arbeit der ADA mehrmals evaluiert. Da gibt es den Peer Review der OECD und die von einem externen professionellen Gutachterteam erstellte institutionelle Evaluierung der ADA aus dem Jahr 2019. Österreich ist traditionell säumig bei der Umsetzung der Empfehlungen. Stift ist aber überzeugt, dass die Empfehlungen des Peer Review in die neue Strategie einfließen werden.
Eine Entschuldung für den Sudan steht wieder in Frage
Einer der Punkte, der in der Evaluierung kritisiert wird, sind die hohen Verwaltungskosten bei der Projektabwicklung. Seit einigen Jahren wickelt die ADA auch EU-Projekte ab, und während die EU nur sieben Prozent der Projektkosten als Verwaltungskosten anerkennt und ersetzt, betrügen die Kosten der ADA bis zu zehn Prozent. Stift sagt dazu: Es habe einige Projekte gegeben, bei denen die Verwaltungskosten höher gewesen seien, bei anderen hingegen nicht. Vor allem in den Schwerpunktländern, in denen die ADA dank der Koordinationsbüros über eine gut eingespielte Struktur verfüge, oder in Bereichen, „in denen wir Expertise haben, etwa im Wassermanagement. Da kommt die EU auf uns zu“.
Doch der Geschäftsführer der ADA muss sich noch weiteren Problemen stellen: Weil das Personal notorisch überlastet sei, habe man zusätzlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt, sagt Stift. Die häufig überlasteten Koordinationsbüros in den Schwerpunktländern will Stift dadurch entlasten, dass er jedem Leiter und jeder Leiterin einen Stellvertreter an die Seite stellt. In mehreren Ländern sei dies bereits geschehen.
Dem Ziel, 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts in Entwicklungszusammenarbeit zu investieren, hat sich Österreich in den vergangenen Jahren nicht genähert. Zuletzt waren es etwa 0,3 Prozent. Dieses Jahr sei eine leichte Steigerung zu erwarten, versichert der ADA-Geschäftsführer, auch wenn die geplante Entschuldung des Sudan noch nicht anstehe. Österreich pflegt Schuldenerlasse in seine Quote großzügig einzurechnen. Das ist nach den Regeln der OECD zulässig, handhaben aber nicht alle Geberländer so. Größere Entschuldungen werden im sogenannten Pariser Club beschlossen; nach dem Putsch in Khartum stünden die Geber wieder auf der Bremse bei der Entschuldung des Regimes.
Neuen Kommentar hinzufügen