Die Rettungskette ist ein Instrument der schweizerischen Außenpolitik und setzt sich aus privaten, öffentlich-rechtlichen sowie zivilen und militärischen Organisationen zusammen, die im Einsatz unter der Leitung der Humanitären Hilfe des Bundes stehen. Mit dabei sind unter anderen das Schweizerische Rote Kreuz, das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, die Schweizerische Rettungsflugwacht und der Schweizerische Verein für Such- und Rettungshunde.
Insgesamt umfasst die Rettungskette Schweiz 78 Personen, acht Such- und Rettungshunde und 17 Tonnen Material. Die Kosten für die Bereithaltung werden auf jährlich rund zwei Millionen Franken geschätzt. Unter dem Leitspruch „Leben retten, Leiden lindern“ soll die Rettungskette bei schweren Erdbeben im Ausland Menschen orten, retten und medizinisch versorgen.
Evaluation: Rettungskette "bringt keinen Mehrwert“
Das letzte Mal war die Rettungskette jedoch schon vor zehn Jahren im Einsatz, bei der Tsunami-Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011. Das letzte Mal effektiv Menschenleben gerettet hat das Einsatzteam vor 20 Jahren. Das Instrument sei daher „extrem teuer im Vergleich zu den geretteten Menschenleben“, steht in der Evaluation, die von einer schwedischen Firma im Auftrag der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) durchgeführt wurde. International würden solche großen und schwerfälligen Organisationen immer weniger nachgefragt, heißt es in dem Bericht. Er kommt zum Schluss, „dass die Schweizer Rettungskette nicht wichtig oder geeignet ist, um in städtischen Gebieten im Ausland Leben zu retten und Leiden zu lindern. Sie ist deshalb nicht relevant und bringt keinen Mehrwert.“
Manuel Bessler, Chef des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe (SKH) – des operationellen Arms der Humanitären Hilfe des Bundes –, bestätigt, dass für Einsätze der Rettungskette bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen, etwa dass der Zielflughafen angeflogen werden kann. „Beim Erdbeben in Nepal von 2015 war unser Team bereits in den Startlöchern, aber der Flughafen blieb blockiert.“ Anstelle eines ganzen Suchtrupps würden daher vermehrt einzelne Einheiten, sogenannte Soforteinsatzteams, losgeschickt, darunter auch Mitglieder der Rettungskette, etwa Ortungsspezialisten, Baustatiker oder Ingenieure. Zuletzt wurden solche Fachleute vergangenen Sommer in Haiti oder bei der verheerenden Explosion im Hafen in Beirut im August 2020 eingesetzt. In Nepal waren es Mitglieder der Fachgruppe Medizin des SKH. „Mit schlankerer Logistik können sich die Teams vor Ort flexibler bewegen und auch mal in ein Taxi steigen“, sagt Bessler.
Ausbildung von Rettungstrupps in Marokko, Jordanien, China
Auch der Evaluationsbericht kommt zum Schluss, dass das SKH kleinere Teams aus Koordinationsfachleuten, Statikern oder Suchmannschaften erfolgreich eingesetzt hatte. Er empfiehlt, vermehrt in kleine Einheiten zu investieren, um die Reaktionskapazitäten flexibler zu gestalten. Doch Bessler will nicht auf die Rettungskette verzichten. „Das SKH setzt vermehrt auf kleinere Einheiten, aber gleichzeitig sollen die Kapazitäten für einen möglichen Großeinsatz erhalten bleiben.“
Die Rettungskette sei auch wesentlich für die Ausbildung in anderen Staaten, argumentiert Bessler. In den vergangenen Jahren hat die Schweiz Rettungstrupps in Marokko, Jordanien oder China ausgebildet. „Wir arbeiten einerseits also gewissermaßen daran, uns überflüssig zu machen“, sagt Bessler. „Andererseits müssen wir selber dabei bleiben, denn nur so sind wir als Ausbilder glaubwürdig.“
Letztlich hat sich das SKH gegen die Empfehlung der Evaluierung entschieden, die Rettungskette abzuschaffen. Erst Ende November 2021 hat das Team eine Übung erfolgreich abgeschlossen, um für weitere fünf Jahre die nötige Klassifizierung der UN als sogenanntes „Heavy Urban Search and Rescue Team“ zu erhalten.
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