Dass die Militäreinsätze in Mali weder Frieden und politische Stabilität bringen noch die Dschihadistengruppen dort schwächen, ist schon länger bekannt. Es kann nun anscheinend aus zwei Gründen nicht mehr so leicht verdrängt werden. Erstens haben die Militärs in Mali im Juli zum zweiten Mal geputscht, diesmal gegen die von ihnen selbst ins Amt gebrachte Übergangsregierung, und dann im Dezember die versprochenen Wahlen verschoben – es scheint, um gleich fünf Jahre. Zweitens operieren jetzt russische Söldner der Wagner-Gruppe in Gebieten Nordmalis, die französische Truppen verlassen haben. Die Regierung dementiert das, hatte aber Mitte 2021 selbst gedroht, bei einem Abzug der Franzosen Wagner zu Hilfe zu holen.
Angebote für Studium und Saisonarbeit in Europa
Die Söldnertruppe hat unter anderem in Zentralafrika und Mosambik Aufstände nicht ersticken können, aber bei dem Versuch brutale Menschenrechtsverstöße begangen. Ihr Einsatz in Mali dürfte die Lage dort verschlimmern. Für eine Verschiebung der Wahlen gibt es hingegen Gründe. Doch dass die Militärs – deren erster Putsch 2020 populär war – den Urnengang selbstherrlich und für so lange vertagen, erbost viele malische Politiker und nährt den Verdacht: Die Generäle wollen die Macht behalten.
Gute Gründe also, die Hilfe für sie zu beenden. Aber ein bloßer Rückzug ist keine vernünftige Politik. Es geht darum, zu verhindern, dass Mali ähnlich endet wie Somalia oder Afghanistan. Einen Vorschlag dafür haben Sahel-Fachleute vor neun Monaten gemacht. Entscheidend wäre, direkt Gruppen der Zivilgesellschaft und lokale Würdenträger zu unterstützen, Verhandlungen mit Dschihadisten zu fördern, alles Militär auf den Schutz der Bevölkerung zu verpflichten und für viele Jahre sehr viel Geld für die Verbesserung der Lebensverhältnisse im Sahel einzusetzen. Auch die Handels- und Migrationspolitik muss dazu beitragen, etwa mit Angeboten für Studium und Saisonarbeit in Europa.
Zusammenarbeit der EU mit Ecowas
Die jüngste Krise bietet eine neue Chance: Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas hat Mali mit Sanktionen belegt, die das Land praktisch isolieren und ökonomisch sehr schmerzen dürften. Europa könnte mit den Ecowas-Ländern gemeinsam an einem politischen Ausweg arbeiten, dem sich die Generäle in Mali nur schwer verweigern könnten. Dafür aber müssten die EU-Staaten – auch das hier führende Frankreich – ihr Scheitern eingestehen und sich auf einen neuen, dem Ausmaß der Not angemessenen Ansatz verständigen. Berlin sollte das vorantreiben, darf dazu aber Streit in der EU nicht länger scheuen.
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