Ölmanager angeklagt - Beihilfe zu Kriegsverbrechen im Südsudan

REUTERS/Goran Tomasevic
Ölgewinnungsanlage in "Unity State" im heutigen Südsudan: In dieser Gegend machte sich die schwedische Firma Lundin-Energy vor 20 Jahren mitschuldig an Kriegsverbrechen, befand jüngst die schwedische Staatsanwaltschaft, die Anklage gegen zwei führende Manager des Unternehmens erhob.
Recht und Gerechtigkeit
Zwei Manager eines schwedischen Ölkonzerns sind in Stockholm wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen im heutigen Südsudan angeklagt. Die Kirchen des Südsudan sehen darin einen wichtigen Schritt zu Frieden und Versöhnung in ihrem Land.

In dem Verfahren geht es um Kriegsverbrechen zwischen 1999 und 2003 im Bundesstaat Unity. Dieser war damals noch Teil von Sudan, seit der Unabhängigkeit 2011 gehört er zu Südsudan. Bereits seit 1983 herrschte in der Region Bürgerkrieg. Der schwedische Ölkonzern Lundin Energy hatte dennoch die offizielle Konzession zur Erdölförderung von der Regierung in Khartum gekauft und sich gleichzeitig vertraglich zusichern lassen, die Armee werde die Sicherheit der Arbeiter sowie die reibungslose Ölförderung gewährleisten. Die Zivilbevölkerung in dem Gebiet wurde daraufhin brutal aus ihren Dörfern und von ihren Feldern vertrieben. Unruhen gegen die Umsiedlung schlugen das Militär und regierungstreue Milizen blutig nieder. Es kam zu Vergewaltigungen, Entführungen, Folter und Morden. 

Die schwedische Staatsanwaltschaft hat Mitte November gegen zwei hochrangige Manager des Konzerns wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen Anklage erhoben. Ihnen wird vorgeworfen, wissentlich die schweren Menschenrechtsverletzungen und die Vertreibung von Zivilisten in Kauf genommen und dafür sogar gezahlt zu haben. Damit habe Lundin den seit Jahren schwelenden Bürgerkrieg zwischen dem Süden und dem Norden des Landes weiter angefacht, heißt es in der Anklageschrift.

Den Angeklagten droht lebenslange Haft

Die Staatsanwaltschaft beruft sich dabei auf einen Bericht, den die holländische Organisation Pax for Peace für die European Coalition on Oil in Sudan (ECOS) zusammengestellt und bereits im Jahr 2010 unter dem Titel „Unpaid Debt“ veröffentlicht hat. ECOS war vor 20 Jahren nach einem Aufruf der sudanesischen Kirchen und Zivilgesellschaft von mehr als 50 europäischen Organisationen gegründet worden. Der Bericht konzentriert sich auf das Konzessionsgebiet Block A im Bundesstaat Unity, in dem neben Lundin Energy auch der österreichische Ölkonzern OMV und Petronas aus Malaysia tätig waren. Demzufolge habe die Infrastruktur für die Ölförderung wie zum Beispiel Zugangsstraßen in die Fördergebiete den Milizen und Regierungstruppen die Vertreibung der Zivilbevölkerung noch erleichtert. Vergleiche von Satellitenbildern aus den Jahren 1994 und 2003 hätten außerdem gezeigt, dass in dem Gebiet die Landwirtschaft drastisch zurückgegangen sei. 12.000 Menschen sollen an Hunger gestorben und 160.000 Menschen zur Flucht gezwungen worden sein, heißt es in dem Bericht. 

„Es ist ermutigend zu wissen, dass die schwedischen Behörden beschlossen haben, Lundin Energy wegen seiner Rolle im Bürgerkrieg vor Gericht zu stellen“, kommentiert der Südsudanesische Kirchenrat (SSCC) die Anklageerhebung in Stockholm. „Kein Friede ohne Gerechtigkeit, keine Versöhnung außerhalb der Wahrheit, keine Vergebung ohne Buße“, heißt es in dem Dokument, das der SSCC Ende November veröffentlicht hat. Das Verfahren gegen Lundin sei wichtig für Frieden und Versöhnung in Südsudan. 

Der Prozess gegen die beiden Manager soll Anfang 2022 beginnen. Nach Aussagen des schwedischen Justizministers Morgan Johansson drohen den Angeklagten lebenslange Haftstrafen. Die Staatsanwaltschaft hat außerdem die Beschlagnahmung von 140 Millionen Euro beantragt. So viel Gewinn hatte Lundin beim Verkauf seiner Konzessionen im Sudan 2003 gemacht. 

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erschienen in Ausgabe 2 / 2022: Riskante Geschäfte mit der Chemie
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