Tief verwurzelter Rassismus

Entwicklungszusammenarbeit
People of Colour haben es viel schwerer als Weiße, in der nicht-staatlichen Entwicklungszusammenarbeit einen Job zu bekommen. Sie erleben Rassismus am Arbeitsplatz und haben weniger Chancen, auf der Karriereleiter nach oben zu klettern. Das offenbart eine aktuelle Studie des britischen Netzwerks Bond

Rassismus und Entwicklungszusammenarbeit passen nicht zusammen, sollte man meinen. Dabei ist es sogar umgekehrt: Ohne jahrhundertelange rassistische und kolonialistische Ausbeutung der Länder im globalen Süden gäbe es eventuell gar keine Entwicklungszusammenarbeit, wie wir sie heute kennen: Vermutlich wäre sie weder notwendig, noch die hinter ihr stehende Idee akzeptabel. Sind sich entwicklungspolitische Organisationen dessen bewusst? Offenbar zu wenig, wie eine Studie des Verbands britischer nichtstaatlicher Entwicklungswerke Bond zeigt. Demnach haben es People of Colour, vor allem Frauen, viel schwerer als Weiße, in der nichtstaatlichen Entwicklungszusammenarbeit einen Job zu kriegen. Sie erleben Rassismus am Arbeitsplatz und haben weniger Chancen, auf der Karriereleiter nach oben zu klettern.

Für die Studie hat Bond 150 Schwarze Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Entwicklungsorganisationen befragt sowie 150 Organisationen um Einschätzungen gebeten. Bond betont, die Ergebnisse seien nicht repräsentativ, gäben aber doch einen guten Einblick, welche Formen von Diskriminierungen Schwarze Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erleben. Fast drei Viertel der befragten Organisationen gaben demnach an, sie hätten eine Strategie gegen Rassismus und für Inklusion. Hingegen erklärten etwas mehr als die Hälfte der befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in ihrer Organisation seien diese Strategien mehr oder weniger bedeutungslos.

Bevorzugt: Bewerber aus der weißen Mittelschicht

In Bewerbungsverfahren sahen sich knapp die Hälfte der Befragten aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert. Sie seien nicht eingeladen worden, obwohl sie alle formalen Kriterien erfüllt hätten. Ihre spezifischen Kompetenzen und ihre Expertise – etwa Mehrsprachigkeit – seien nicht honoriert worden. Unterm Strich, so die Schlussfolgerung der Studie, bevorzugen Entwicklungsorganisationen Bewerberinnen und Bewerber, die in punkto Ausbildung und Lebenslauf dem Standard weißer Mittelschichtsangehöriger entsprechen.

Am Arbeitsplatz haben 68 Prozent der befragten Frauen und Männer Rassismus erlebt – und häufig habe sich die Leitung nicht angemessen darum gekümmert. Jeweils rund 70 Prozent gaben an, sie hätten weniger Aussicht als Weiße darauf, in der Organisation die Initiative für bestimmte Vorhaben zu ergreifen oder die Organisation nach außen zu vertreten. Für Bond kommt hier zum Ausdruck, wie tief verwurzelt offenbar auch in Entwicklungsorganisationen das Denken ist, People of Colour seien für bestimmte Aufgaben weniger gut geeignet als weiße. Sogar 90 Prozent der befragten Männer und 84 Prozent der Frauen erklärten, sie hätten nicht die gleiche Chance wie Weiße, in ihrer Organisation Karriere zu machen.

Für Bond zeigen diese Antworten, dass nichtstaatliche Entwicklungsorganisationen viel stärker aktiv für Gleichberechtigung zwischen Schwarzen und weißen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sorgen müssen, einschließlich Quotenregelungen und Programmen zur bewussten Förderung und Bevorzugung von People of Colour. Wohlklingende Strategiepapiere gegen Rassismus, die in der Schublade landen, reichen nicht.

Die Studie ist hier abrufbar.

 

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