Mehr Flexibilität für die Projektförderung nichtstaatlicher Hilfsorganisationen, zusätzliche Milliarden für die bilaterale und multilaterale Krisenbewältigung und mehr Geld für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft – das Programm des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) zur Unterstützung der Partnerländer in der Corona-Pandemie nimmt Fahrt auf.
Wie das BMZ auf Anfrage mitteilte, will es beauftragte private Träger von bestimmten Durchführungsregeln entlasten, wenn Kontaktverbote oder Lockdowns in den Partnerländern Projekte aufhalten. Vor allem monatelange Ausgangssperren wie in Südafrika behindern und verzögern Vorhaben und sprengen vorgegebene Abläufe und Berichtspflichten. In solchen Fällen genehmige das BMZ etwa, dass Laufzeiten verlängert oder bewilligte Fördermittel später abgerufen werden, erklärt ein Sprecher.
Zusätzlich bewilligt das Ministerium sogenannte Corona-Zusatzkomponenten bis zu einer Höhe von 90 Prozent der bewilligten Projektmittel, wenn im Rahmen der Projekte etwa medizinische Schutzausrüstung, Geräte, Medikamente und Hygieneartikel beschafft wurden. Aufschläge gebe es auch für die Einrichtung von Gesundheitsstationen oder die Aufstellung mobiler Ärzteteams sowie für zusätzliches Personal zur Betreuung von Risikogruppen oder Aufklärungsarbeit.
In seiner Sofortreaktion auf die Krise hatte das BMZ zunächst medizinische und labortechnische Hilfe geleistet und Ärzte, Testkits und Labormaterial in mehr als zehn Länder geschickt, darunter Namibia, Benin, Kolumbien, Ecuador und Peru. Die bereits im Jahr 2015 eingerichtete „Schnell Einsetzbare Expertengruppe Gesundheit“ (SEEG) des Ministeriums hilft, Ausbrüche möglichst früh zu erkennen und einzudämmen. Außerdem hat die Gruppe damit begonnen, der Afrikanischen Union (AU) rund 1,4 Millionen Corona-Tests zu liefern.
Im laufenden BMZ-Haushalt wurde kurzfristig eine Milliarde Euro umgeschichtet und nachträglich für dieses Jahr weitere 1,5 Milliarden Euro zur Bewältigung der Krise bewilligt. Aus einer Übersicht der Mittel im Nachtragshaushalt geht hervor, dass das Geld in sieben Bereiche fließen soll: Gesundheit und Pandemiebekämpfung, Sicherung von Ernährung und Grundversorgung, Stabilisierung von Flüchtlings- und Krisenregionen, soziale Sicherung sowie Sicherung von Arbeitsplätzen in globalen Lieferketten, die Absicherung von Unternehmen in Schlüsselsektoren wie dem Tourismus und der Textilbranche, Corona-Soforthilfen zur direkten Finanzierung von nationalen Programmen sowie internationale Zusammenarbeit.
So finanziert das Sofortprogramm für Indien über UNICEF hunderttausende Testkits sowie medizinische Schutzausrüstungen und Materialien. Dazu kommen 460 Millionen Euro als Darlehen an die Zentralregierung für soziale Sicherung, etwa für Nahrungsmittel oder Finanzspritzen für 320 Millionen Arbeitslose und Wanderarbeiter.
Unterstützung für Lieferketten in Afrika
Aus der bilateralen finanziellen Zusammenarbeit gehen insgesamt zusätzliche 350 Millionen Euro Soforthilfen an ausgewählte Partnerländer wie Äthiopien, Madagaskar, Marokko und Niger zur Finanzierung von Gesundheitssystemen, die Stabilisierung der Wirtschaft sowie die schnell wirksame Sicherung von Arbeitsplätzen. Dazu gehören auch die Unterstützung lokaler afrikanischer Lieferketten durch die Pandemic Trade Impact Mitigation Facility (PATIMFA) der Afreximbank in Kairo oder Zuschüsse für kleine und mittlere Unternehmen in Mosambik und Ruanda. Weitere 224 Millionen Euro sind für Krisen- und Konfliktländer vorgesehen, schwerpunktmäßig zur Basisversorgung besonders verletzlicher Gruppen ohne Erwerbsmöglichkeiten.
Auch die Sonderinitiativen des BMZ werden um 270 Millionen Euro aufgestockt – davon 100 Millionen für die Hungerbekämpfung und die Landwirtschaft, 170 Millionen Euro für Gesundheit in Flüchtlingscamps, Cash Transfers und Bildung. Für multilaterale Organisationen und Programme stellt die Bundesregierung 335 Millionen Euro zusätzlich bereit, darunter an die UN-Organisationen für Entwicklung, Frauen und Familienplanung sowie an die Impfallianz Gavi. Der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) erhält 150 Millionen Euro zusätzlich, nachdem er Mittel für Covid-19 umgeleitet hat.
Die Entwicklungspartnerschaft des BMZ mit der Wirtschaft wird mit zusätzlich 41 Millionen Euro gestärkt. Damit wird unter anderem eine gemeinsame Initiative mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) finanziert, über die in Äthiopien, Bangladesch, Kambodscha, Laos und Indonesien zwei Monate lang die Löhne von rund 250.000 Textilarbeiterinnen und Textilarbeitern finanziert werden und Jobs gesichert werden sollen. In Äthiopien, Laos, Vietnam und Madagaskar sollen zudem ein Jahr lang für Arbeiterinnen und Arbeiter Belegschaften von Unternehmen im Arbeits- und Gesundheitsschutz geschult werden.
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