Streit über Wiedergutmachung für Kolonialverbrechen in Namibia

Die Aufarbeitung der deutschen Kolonialverbrechen im Südwesten Afrikas ist schwierig. Ziele sind eine Wiedergutmachung und eine Entschuldigung. Doch wie sie aussehen sollen, darüber verhandeln die Regierungen Deutschlands und Namibias seit Jahren.

Frankfurt a.M./Windhuk - Die namibische Regierung hat nach eigenen Angaben ein deutsches Angebot einer Wiedergutmachung für die Gräueltaten während der Kolonialzeit abgelehnt. Die Vorschläge der Bundesregierung seien nicht akzeptabel, erklärte die Regierung von Präsident Hage Geingob in einem Statement auf Facebook am Dienstagabend. Deutschland und Namibia verhandeln seit 2015 über Zahlungen und eine Entschuldigung für die Verbrechen an den Herero und Nama im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika. Präsident Geingob äußerte sich am Jahrestag der Schlacht vom Waterberg am 11. August 1904, die Historiker als Auftakt zu dem Völkermord an beiden Volksgruppen werten.

Das Auswärtige Amt wollte die Erklärung der namibischen Regierung nicht kommentieren und verwies auf die vereinbarte Vertraulichkeit der Gespräche. Beide Seiten seien sich einig, dass die Gespräche weiterlaufen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Mittwoch in Berlin. Ziel sei unverändert, dass am Ende eine Bitte um Entschuldigung von deutscher Seite stehe. Der Sprecher äußerte sich auch nicht zu einem eventuellen deutschen Angebot, auf die sich die namibische Regierung berufen hat. Regierungssprecher Steffen Seibert ergänzte, die Bundesregierung hoffe, dass die Gespräche "bald" zu einem Ergebnis kommen. Zuletzt stand im Raum, dass die Gespräche 2021 abgeschlossen werden könnten.

Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern Nachbesserungen

Namibische Medien berichteten, die Bundesregierung habe sich bereiterklärt, zehn Millionen Euro an Namibia zu zahlen und eine vorbehaltlose Entschuldigung auszusprechen. Präsident Geingob hatte Anfang Juni bereits angekündigt, ein solches Angebot abzulehnen. Nach einer weiteren Verhandlungsrunde habe er am Dienstag den namibischen Verhandlungsführer Zed Ngavirue beauftragt, über ein neues Angebot zu verhandeln, heißt es in der Erklärung der Regierung. Streitpunkt ist neben der Höhe der Wiedergutmachung auch deren Bezeichnung. Die Bundesregierung lehnt den Begriff Reparationen ab und spricht stattdessen von der Aufgabe, "Wunden zu heilen". Ngavirue bezeichnet diesen Ausdruck als unangemessen.

Zivilgesellschaftliche Organisationen forderten Nachbesserungen. "Wir begrüßen es, dass die namibische Regierung Deutschlands Vorschläge zurückgewiesen hat", sagte der in Berlin lebende Herero und Sprecher des Bündnisses "Völkermord verjährt nicht!", Israel Kaunatjike, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei dem deutschen Angebot habe es sich den Angaben zufolge nicht um eine bedingungslose Anerkennung und Entschuldigung für den Völkermord an den Herero und Nama gehandelt. Kaunatjike kritisierte, dass die Bundesregierung Verhandlungen mit Vertretern der Ovaherero und Nama weiter ablehne, Reparationszahlungen kategorisch ausschließe und stattdessen Maßnahmen der klassischen Entwicklungszusammenarbeit vorschlage.

Zwischen 1904 und 1908 ermordeten deutsche Kolonialtruppen Zehntausende Herero und Nama im heutigen Namibia. Historiker bezeichnen diese Gräueltaten als "ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts". Unter Generalleutnant Lothar von Trotha hatte eine rund 15.000 Soldaten umfassende Streitmacht eine Rebellion der Einheimischen niedergeschlagen. Viele wurden getötet, andere in die wasserlose Wüste getrieben, wo sie verdursteten. Schätzungen zufolge kamen rund 80.000 Herero und Nama ums Leben. Deutsch-Südwestafrika war von 1884 bis 1915 deutsche Kolonie.

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