Es waren Bilder der Hoffnung: Nach dem Sturz des Diktators Umar Al-Baschir feierten Tausende Sudanesinnen und Sudanesen auf den Straßen von Khartum. Nach zähen Verhandlungen wurde ein Übergangsrat aus Militärs und Zivilisten eingesetzt, um demokratische Reformen auf den Weg zu bringen und Wahlen im Jahr 2022 vorzubereiten. Kurz darauf wurde der von den Forces of Freedom and Change (FFC), der Koalition demokratischer Kräfte im Sudan, nominierte Wirtschaftswissenschaftler Abdalla Hamdok zum Premierminister ernannt.
Einiges habe sich seitdem verbessert, schreibt Jean-Baptiste Gallopin in einer Studie für die Denkfabrik European Council on Foreign Relations. So verhafte der Geheimdienst nicht mehr willkürlich Menschen, das öffentliche Auspeitschen sei nicht mehr erlaubt und Christen könnten ungehindert ihrer Religion nachgehen. Doch in vielen anderen Bereichen sei der demokratische Übergang ins Stocken geraten.
Keine unabhängigen Institutionen
Unter anderem seien die neuen zivilen Gouverneure der Provinzen und auch die Kommission zur Vorbereitung einer Verfassungskonferenz noch nicht ernannt. Der Premierminister Hamdok und der FFC hätten es nicht geschafft, unabhängige Institutionen aufzubauen. Das stärke die alte Elite im Militär und im Geheimdienst, warnt Gallopin.
Der Politikwissenschaftler und Sudanexperte macht verschiedene Gründe für den Stillstand aus. Der wichtigste: Die Generäle und Offiziere kontrollieren große Teile der Wirtschaft – von Goldminen über Telekommunikationsunternehmen bis zu Schlachtereien. Finanziell seien die demokratischen Kräfte in der Regierung deshalb abhängig von den Militärs.
Die Arabische Troika stärkt die Militärs
Doch nicht nur ihre wirtschaftliche Macht stärkt den Sicherheitskräften den Rücken. Die Koalition der demokratischen Kräfte sei zersplittert und verfüge nur über wenig sozialen Rückhalt. Eine Rolle spielt Gallopin zufolge auch die Einmischung der sogenannten Arabischen Troika, bestehend aus Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten: Um den Einfluss konkurrierender Regionalmächte zurückzudrängen, unterstützten die drei Staaten verschiedene Fraktionen der Sicherheitskräfte. Vor allem der Chef der berüchtigten paramilitärischen Rapid Support Forces werde von der Arabischen Troika als starker Mann im Staat aufgebaut.
Die möglichen Szenarien, die Gallopin für die zukünftige Entwicklung des Sudan entwirft, reichen von einer neuen Revolte bis zum Bürgerkrieg. Damit der demokratische Übergang gelingt, müsse vor allem die wirtschaftliche Macht der Generäle gebrochen werden, argumentiert er. Die europäischen Staaten sollten die demokratischen Kräfte in der Übergangsregierung finanziell stärker unterstützen, fordert Gallopin. Gleichzeitig müsse der Premierminister Hamdok gegenüber den Generälen konfrontativer auftreten – denn in der Vergangenheit habe er zu selten Entscheidungen getroffen, ohne sich vorher deren Erlaubnis einzuholen.
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