Der neue SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans hat recht: Dass deutsche Waffen in Krisenregionen und Diktaturen auftauchen, ist „absolut inakzeptabel“. Und ja, die Bundesregierung sollte Waffenexporte restriktiver handhaben, wie der SPD-Vorsitzende jüngst gefordert hat. Auch seine Ko-Vorsitzende Saskia Esken kritisiert die Ausfuhr von deutschem Kriegsgerät: „In der friedenspolitischen Tradition und Grundhaltung der SPD stehen wir dafür, dass Deutschland weniger Waffen exportiert“, sagt sie.
Es ist schön, dass die neue SPD-Spitze sich so unmissverständlich äußert. Doch große Töne spucken kann jeder. Wenn Walter-Borjans und Esken es wirklich ernst meinen, wäre ein erster Schritt ein bisschen Selbstkritik. Seit 2013 sitzen die Sozialdemokraten mit am Regierungstisch, alleine im vergangenen Jahr genehmigte die Bundesregierung die Ausfuhr von Kriegsgerät im Wert von mehr als acht Milliarden Euro – etwa doppelt so viel wie 2018. Darunter waren Maschinengewehre für Kuwait und Raketenteile für Ägypten, also Waffen für Regierungen, die an der Seite von Saudi-Arabien im blutigen Bürgerkrieg im Jemen mitmischen und es mit der Achtung der Menschenrechte im eigenen Land nicht allzu ernst nehmen. Schönreden lässt sich das auch nicht mit dem Verweis aus dem Wirtschaftsministerium, die hohen Zahlen erklärten sich durch einen Antragsstau während den Koalitionsverhandlungen.
Die eigenen Genossen in die Verantwortung nehmen
Die SPD hat das mit durchgewinkt. Federführend ist zwar das CDU-geführte Wirtschaftsministerium. Aber vor allem wenn es um Genehmigungen für Waffenexporte in kritische Länder geht, redet auch das vom SPD-Genossen Heiko Maas geleitete Außenministerium mit. Nicht zuletzt ihn sollten Walter-Borjans und Esken in die Verantwortung nehmen, wenn die von ihnen beschworene „friedenspolitische Tradition“ der SPD mehr sein soll als eine Worthülse.
Zählen können sie dabei auf die Unterstützung der SPD-Fraktion im Bundestag, die sich nach langem Ringen auf ein Positionspapier zur schärfen Kontrolle von Rüstungsexporten geeinigt hat. Die Abgeordneten fordern unter anderem, keine Waffen mehr an Staaten zu verkaufen, die den UN-Vertrag über den Waffenhandel nicht unterzeichnet haben – Exporte in Länder wie Ägypten oder Kuwait wären dann nicht mehr möglich. Die Abgeordneten und all jene gesellschaftlichen und kirchlichen Initiativen, die schon lange für strengere Waffenexportregeln streiten, sollten die SPD-Vorsitzenden in diesem Jahr an ihre markigen Worte erinnern. (me)
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