Die Stadt Freiburg möchte in ihrer Entwicklungszusammenarbeit enger mit der Zivilgesellschaft kooperieren. Deshalb hat sie eine Umfrage unter den rund 350 entwicklungspolitischen Gruppen und Vereinen in der Stadt in Auftrag gegeben, die seit April vorliegt. Jetzt soll das weitere Vorgehen mit den Akteuren besprochen werden.
Gefragt wurde unter anderem nach den Formen des Engagements und dem Verhältnis zwischen Eine-Welt-Initiativen und Stadtverwaltung. „Wir wollten wissen, wie die Verwaltung die Eine-Welt-Gruppen besser unterstützen kann“, sagt Isabel Di Stasio, entwicklungspolitische Koordinatorin der Stadt. Zivilgesellschaft spiele für die Entwicklungszusammenarbeit in der Stadt eine zentrale Rolle, sagt sie. Aber man wolle neu darüber sprechen, wie jede Seite ihre Stärken einbringen kann. Bisher ist die Stadt vor allem in Partnerschaften mit Städten im Iran, in Nicaragua und der Ukraine entwicklungspolitisch aktiv.
Wissenschaftler des Arnold-Bergstraesser-Instituts haben die Umfrage im Auftrag der Kommune durchgeführt und ausgewertet. Etwa hundert Gruppen haben die Fragen beantwortet. 37 Prozent von ihnen werden vom Entwicklungsministerium (BMZ) gefördert, viele andere beziehen Mittel aus anderen öffentlichen Quellen.
Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass das entwicklungspolitische Engagement in Freiburg seit etwa zwanzig Jahren an Bedeutung gewinnt. Das ordnen sie in einen gesamtgesellschaftlichen Trend ein: Weil es gesellschaftlich mehr Aufmerksamkeit für die Globalisierung und für grenzüberschreitende Probleme gebe, erkennen staatliche Organe die Leistungen der Zivilgesellschaft zunehmend an. Dahinter steht die Erkenntnis, dass der Staat angesichts wachsender Probleme wie dem Klimawandel auf die Unterstützung aus der Zivilgesellschaft angewiesen ist.
Die Zusammenarbeit soll offen und vertrauensvoll sein
Zivilgesellschaft ist also wichtiger geworden, aber Organisationen und Initiativen sehen sich nicht auf Augenhöhe mit der Verwaltung und der Politik in Freiburg. Ein Ergebnis der Studie ist, dass sich die entwicklungspolitischen Gruppen und Initiativen „mehr Anerkennung und Wertschätzung wünschen“. Eine intensivere Zusammenarbeit müsse offen, konstruktiv und vertrauensvoll verlaufen. Bisher sei dies „nicht immer so empfunden“ worden.
Es gebe trotz vieler Bemühungen immer noch Situationen, in denen Stellen der Stadtverwaltung „hoheitsstaatlich daherkommen“, sagt Dagmar Große vom Eine Welt Forum Freiburg. Für Große ist das vergleichbar mit dem teilweise noch bestehenden Verhältnis von entwicklungspolitisch Engagierten im Norden zu ihren Projektpartnern im globalen Süden. Auch hier sei häufig von „Augenhöhe“ die Rede, während die Praxis manchmal anders ausschaue.
Ladislav Ceki vom Eine Welt Forum Düsseldorf sagt, die langjährige Präsenz der lokalen Eine-Welt-Arbeit habe das Verhältnis zu Politik und Verwaltung deutlich verbessert. In Ämtern, die regelmäßig mit der Zivilgesellschaft kooperieren, sei Vertrauen gewachsen.
Das Interesse an Themen wie fairer Handel oder fairer öffentlicher Einkauf sei bei staatlichen und kommunalen Behörden deutlich gestiegen, bestätigt Andreas Roth vom Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen in Dresden. Das liege an der guten Arbeit der Eine-Welt-Netzwerke in den vergangenen Jahrzehnten, aber auch am gesellschaftlichen Wandel.
Städte spielen heute in der Entwicklungszusammenarbeit eine wichtige Rolle. Das BMZ finanziert in zahlreichen Kommunen entwicklungspolitische Koordinatoren. Die Förderung der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit führt aber auch dazu, dass es wichtiger wird, die Aufgaben verschiedener Akteure präzise voneinander abzugrenzen. Umstritten ist zum Beispiel, ob es Aufgabe der Kommunen ist, die unterschiedlichen Eine-Welt-Gruppen und -Initiativen zu vernetzen. Manche Kommunen sehen das so und planen beispielsweise Veranstaltungen, um entwicklungspolitische und migrantische Gruppen besser zusammenzubringen.
Vernetzung sei Aufgabe der Zivilgesellschaft und nicht der Kommune, sagt dagegen Christopher Duis vom Bremer Entwicklungspolitischen Netzwerk. Diese Strukturen müssten die entwicklungspolitischen Gruppen selbst schaffen, und viele hätten dies in jahrelanger Arbeit bereits getan.
Über solche Fragen der unterschiedlichen Zuständigkeitsbereiche und der inhaltlichen Schwerpunkte wollen sich die Kommune und die Zivilgesellschaft in Freiburg jetzt regelmäßig abstimmen. Das soll zu mehr Transparenz in der Entwicklungszusammenarbeit und zu mehr Wertschätzung der Zivilgesellschaft seitens der Stadt führen.
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