„Wir müssen wachsam bleiben und schauen, was wir tun können, um unschuldige Menschen zu schützen, die in die Kirche kommen, um zu beten“, sagte Ende Mai John Bonaventure Kwofie, der Erzbischof in Ghanas Hauptstadt Accra, bei einer Pressekonferenz. Die Bedrohung durch den Terrorismus komme näher. Deswegen müsse die Sicherheitsstufe in den Kirchen erhöht werden.
Anfang Mai hatte das African Centre for the Study and Research on Terrorism (ACSRT), das 2004 von der Afrikanischen Union in Algier gegründet wurde, davor gewarnt, dass dschihadistische Gruppen aus Burkina Faso nach Ghana eindringen könnten. In letzter Zeit sei immer wieder beobachtet worden, wie Milizen die Grenze ungehindert zwischen beiden Ländern passierten.
Rucksäcke und größere Taschen sind verboten im Gottesdienst
Die Sicherheitsbehörden nehmen diese Warnung sehr ernst und überlegen mit dem Christian Council of Ghana seither, wie man der Terrorgefahr begegnen kann. Vor einigen Kirchen wurden bereits Bodyscanner installiert. Auch ist es verboten, Rucksäcke oder größere Taschen mit in den Gottesdienst zu nehmen.
Im Nachbarland Burkina Faso kam es in letzter Zeit immer wieder zu Anschlägen auf Kirchen. Ende Mai kamen bei einem Anschlag auf eine katholische Kirche vier Messbesucher ums Leben. Mitte Mai hatte es zwei weitere Gemeinden getroffen mit insgesamt zehn Toten. Seit April wurden in Burkina Faso 18 Gottesdienstbesucher und zwei Priester getötet.
Vor allem im Norden des Landes an der Grenze zu Mali führen extremistische Gruppen einen Kampf gegen die Zivilbevölkerung und versuchen, das friedliche Zusammenleben der Gemeinschaften zu zerstören. Betroffen davon sind nicht nur Christen, sondern auch Muslime, die in den Augen der Dschihadisten nicht konservativ genug sind. Neben Anschlägen auf Kirchen kommt es auch immer wieder zu Attacken auf Sicherheitskräfte, Schulen und andere öffentliche Einrichtungen. Ende Mai wurden an der Grenze zu Ghana zwei LKW-Fahrer getötet.
In seinem regelmäßig erscheinenden Bulletin hatte das ACSRT Anfang Mai vor einer Zunahme der Terrorangriffe gewarnt. Allein in den zwei letzten Aprilwochen habe es in den westafrikanischen Ländern der Sahelzone 54 Terrorattacken mit insgesamt 212 Toten gegeben, wovon 149 zivile Opfer und Sicherheitskräfte waren, 62 der Toten waren Terroristen. Allein 23 der Attacken hatten in Burkina Faso stattgefunden. Die meisten Toten gab es mit 56 Opfern in Nigeria.
In Ghana beobachten vor allem die Menschen in der Grenzregion zu Burkina Faso mit Sorge, was sich im Nachbarland abspielt. Im Norden Ghanas leben die meisten Muslime des Landes, die rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachen. Viele familiäre und ethnische Beziehungen verbinden die Menschen diesseits und jenseits der Grenze, die vor 130 Jahren willkürlich von europäischen Kolonialmächten gezogen wurde.
Sicherheit war für die meisten Ghanaer bisher kein Thema
Das insgesamt friedliche Zusammenleben von Christen und Muslimen in der Region war bisher nie wirklich gefährdet. Und Ghana gilt nicht nur als sehr religiöses Land, sondern auch als Vorbild in interreligiöser Harmonie. Bei lokalen Konflikten, in denen Christen und Muslime involviert sind, vermitteln häufig die Führer beider Religionsgemeinschaften gemeinsam und erfolgreich zwischen den Kontrahenten.
Doch gerade diese lange Phase des gesellschaftlichen Friedens in Ghana könnte sich jetzt als Pferdefuß erweisen. Denn Sicherheitsfragen waren für die meisten Ghanaer bisher kein Thema, entsprechend gering ausgeprägt ist bei ihnen das Bewusstsein dafür. Ein Mann aus der Liebfrauenkirche in Bolgatanga in der Grenzregion zu Burkina Faso, der die Gemeinde bei den Gesprächen mit den Sicherheitsbehörden vertritt, sagt in einem Interview mit der Nachrichtenagentur des Vatikans: „Es geht jetzt vor allem darum, dass die Menschen überhaupt erst einmal ein Bewusstsein für Sicherheitsfragen bekommen.“
Der Sicherheitsanalyst Vladimir Antwi Danso vom Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre in Accra warnt davor, dass Dschihadisten wegen dieser Unbekümmertheit leichtes Spiel in Ghana hätten. Weiter mahnt er, sie könnten möglicherweise unerkannt Stützpunkte im Land aufbauen, von denen aus sie in ganz Westafrika operieren. „Ghanaer sind es gewohnt, sich darauf zu verlassen, dass die Sicherheitskräfte alles richten. Wir müssen wachsamer werden für Fragen der persönlichen Sicherheit, der Sicherheit der Gemeinschaft und der Sicherheit der Nation.“
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