Noch keine blühende NGO-Landschaft

Auf 20 Jahre entwicklungspolitische Arbeit in den neuen Bundesländern und 15 Jahre eigenes Bestehen hat die Stiftung Nord-Süd-Brücken mit einer Veranstaltung am 23. Juni in Berlin zurückgeblickt. Das Resümee fiel durchwachsen aus. Trotz Verdiensten vor allem in der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit stehe die ostdeutsche Entwicklungsszene nach wie vor auf schwachen Beinen.

Nicht weniger als 1800 Projekte von 300 verschiedenen Vereinen hat die Stiftung Nord-Süd-Brücken seit Mitte der 1990er Jahre mit insgesamt elf Millionen Euro gefördert, heißt es im Geschäftsbericht für 2008 stolz. Doch habe das nichts daran geändert, dass im Dachverband der entwicklungspolitischen NGOs, VENRO, von 116 Organisationen gerade einmal sechs im Osten zuhause seien. Große staatliche und nichtstaatliche Organisationen setzten im Osten „keine sichtbaren Akzente“. Jenseits urbaner Zentren wie Berlin, Potsdam, Leipzig oder Dresden erstrecke sich weithin entwicklungspolitisches Niemandsland. „Ist der Osten entwicklungspolitisch abgekoppelt?“, lautete deshalb die bange Frage bei der Veranstaltung zum Doppeljubiläum. Und: Was kann getan werden, um der entwicklungspolitischen Arbeit aufzuhelfen?

An Engagement der vielen Vereine und Hilfsorganisationen, die sich vor allem in Schulen um entwicklungspolitische Aufklärungs- und Bildungsarbeit kümmern, mangelt es jedenfalls nicht. Gruppen und Initativen boten beim Berliner Bilanzgipfel reichlich Kostproben ihrer Arbeit. Doch was hilft das, klagten sie unisono, wenn die Ost-Landesregierungen an ihrer Arbeit offensichtlich kaum interessiert seien? Das zeige sich an den spärlich fließenden Hilfsgeldern ebenso wie an der mangelnden inhaltlichen Unterstützung. So gebe es etwa in Brandenburg schon seit mehreren Jahren keinen Haushaltstitel für Entwicklungszusammenarbeit mehr; staatliche Hilfestellung biete nur noch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Hinzu komme, dass entwicklungspolitische Inhalte in den Lehrplänen völlig unzureichend verankert seien. Das erschwere es, das Verständnis für entwicklungspolitische Belange zu fördern. Besserung erhoffen sich die Ost-NGOs von einem Beschluss der Ministerpräsidenten der Länder vom vergangenen Herbst. Darin geloben sie, der Entwicklungspolitik auch auf Landesebene mehr Gewicht zu verleihen (siehe „weltsichten“ 11/2008, S. 56).

Das alles sei freilich bis jetzt nur ein Versprechen und bleibe reichlich unverbindlich, sagt Walter Hättig von Nord-Süd-Brücken. Die Bildungsarbeit müsse verstärkt, die Zivilgesellschaft ernster genommen werden. Annette Berger von der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt befand allerdings, vielleicht müsse die entwicklungspolitische Ost-Szene sich zunächst einmal besser darüber verständigen, welche Ziele sie hat und wie sie diese erreichen will.

erschienen in Ausgabe 8 / 2009: Kaukasus: Kleine Völker, große Mächte
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