Blutdiamanten mit Brief und Siegel

Seit Ende 2008 bedient sich der simbabwische Präsident Robert Mugabe mit Hilfe des Militärs auf den Diamantenfeldern im Südosten des Landes – ungeachtet des Kimberley-Verfahrens zur Kontrolle des internationalen Diamantenhandels. Ian Smillie, einer der Architekten des Verfahrens, kündigte im Juni seinen Rücktritt von der Initiative an. Er könne sich „nicht mehr guten Glaubens daran beteiligen, Scheitern als Erfolg darzustellen“.

Der Kimberley-Prozess

Das Verfahren zur Zertifizierung von Diamanten soll den Handel mit Edelsteinen aus Konfliktregionen unterbinden und geht auf eine Initiative afrikanischer Staaten zurück, die sich erstmals im Jahr 2000 im sü ...

Alarm schlägt auch die Organisation Global Witness, auf zivilgesellschaftlicher Seite eine tragende Säule des Verfahrens: Die Glaubwürdigkeit des Kimberley-Prozesses, Blutdiamanten aus Konfliktregionen vom regulären Handel auszuschließen, sei nicht mehr gegeben. Anlass für diese Warnung ist die Lage in Simbabwe. Dort begannen in der südöstlichen Region Marange im Oktober 2008 Militär, Polizei und Milizen die informellen Schürfer zu vertreiben, die sich dort seit 2006 niedergelassen hatten. Seit Beginn dieses Jahres wurden laut Human Rights Watch und simbabwischen Bürgerrechtsgruppen Hunderte von ihnen ermordet. Es habe schwere Folterungen gegeben, die Bewohner ganzer Dörfer seien vertrieben worden.

Seitdem beuten Militärs die Minen selber aus, die Erträge gehen in ihre Taschen und an Vertraute von Präsident Mugabe und dessen Partei ZANU-PF. Die Rohdiamanten werden über die „sauberen“ Wege der Diamantindustrie vertrieben – teils sogar mit dem offiziellen Zertifikat der Kimberley- Kontrollen, denn Simbabwe ist Mitglied der Initiative. Der größte Teil wird offensichtlich an der Staatskasse vorbei außer Landes geschafft. Laut Diamanten- Experten müsste Simbabwe angesichts der offiziellen Fördermengen auf einem Edelsteinvorrat von gut 1,3 Millionen Karat im Wert von mindestens 150 Millionen US-Dollar sitzen, denn exportiert wurde diese Menge offiziell nie. Niemand weiß aber, wo die Steine geblieben sind.

Trotz aller Warnungen blieben die Kimberley-Vertreter so gut wie untätig. Eine Delegation besuchte im April eines der Schürfgebiete und gab danach nur die dürre Erklärung ab, man sei korrekt empfangen worden. Immerhin: Nach einer weiteren Inspektion Ende Juni soll laut Medienberichten Bergbauminister Obert Mpofu die Forderung der Kimberley- Vertreter zurückgewiesen haben, sofort das Militär aus den Diamantenfeldern abzuziehen. Das Thema war also zumindest zur Sprache gekommen.

Doch vom Kimberley-Sekretariat kam keinerlei Information – und diese völlige Intransparenz ist ein weiterer Grund für die Frustration der nichtstaatlichen Organisationen. Schwerwiegende Verstöße von Kimberley-Mitgliedern würden systematisch unter den Teppich gekehrt, klagt Global Witness. Auch der Weltdiamantenrat kritisiert, wichtige Mitglieder setzten alle Mühe daran, einschlägige Informationen zu verhindern. Damit kaschierten sie ihre Unfähigkeit, die „ihnen obliegenden Aufgaben zu erfüllen.“ Laut Ian Smillie hat das Kimberley-Verfahren in den vergangenen fünf Jahren in den meisten Fällen versagt, schnell und wirksam zu handeln, wenn es den Verdacht auf illegale Diamantengeschäfte gab – ob in Brasilien, der Elfenbeinküste, Ghana oder Venezuela.

In Simbabwe sind es nicht irgendwelche Rebellen wie in Sierra Leone oder im Kongo, die sich mit „Blutdiamanten“ ihre Waffen kaufen, sondern es ist die Regierung eines Staates, die sich die Erlöse aus dem Diamantenhandel aneignet. Wie schwer sich das Kimberley-Verfahren mit diesem Problem tut, verdeutlicht die Reaktion des Vertreters der Schweiz: Simbabwe sei ja schließlich ein Mitglied, das man nicht einfach ausschließen könne, gab der Delegationsleiter des Schweizer Wirtschaftsministeriums, Roland Vock, gegenüber InfoSud zu bedenken. Und: „Das Kimberley-Verfahren ist vor allem darauf angelegt, die Mitgliedsländer intern zu beeinflussen.“

Sogar der Verband der Diamantenbörsen handelte da schneller: Schon im April dieses Jahres setzte er alle Diamanten, die aus dem östlichen Simbabwe kommen könnten, auf seine eigene schwarze Liste – ein wirksames Instrument, denn jeder Händler, der mit den entsprechenden Steinen erwischt wird, riskiert den Ausschluss vom Verband und damit sein Geschäft.

 

erschienen in Ausgabe 8 / 2009: Kaukasus: Kleine Völker, große Mächte
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