Unter welchen Bedingungen leben die Flüchtlinge und Migranten in den Lagern auf den griechischen Ägäis-Inseln, wie tragen Rüstungsexporte aus Deutschland in die Türkei zu Fluchtursachen bei, und welche Rüstungsunternehmen verdienen daran, dass die Europäische Union ihren Grenzschutz seit Jahren militärisch ausbaut? Diesen Fragen widmet sich eine Broschüre der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK), die Ende Mai in Frankfurt sowie im Juni auf dem Evangelischen Kirchentag in Dortmund vorgestellt wird.
Herzstück der Broschüre, an der verschiedene Landeskirchen mitgearbeitet haben, ist eine detaillierte Analyse, wie die EU an ihren Außengrenzen aufrüstet. Demnach begann der Ausbau des EU-Grenzschutzes 2004 mit der Gründung von Frontex. Seitdem hat sich das Budget der Agentur von weniger als 20 Millionen Euro im Jahr auf über 280 Millionen Euro jährlich mehr als verzehnfacht, ebenso wie das Personal, das von 45 auf 541 im Jahr 2017 erhöht wurde.
Ein neuer, großer Markt für die Rüstungsindustrie
Zusätzlich zu den Mitteln für Frontex gibt es heute eine Vielzahl von teilweise milliardenschweren Finanztöpfen, aus denen die EU die Abschottung ihrer Außengrenzen finanziert. Entstanden ist in der Folge ein neuer, großer Markt für die Rüstungsindustrie, auch die deutsche. Laut der Analyse sehen die Unternehmen zum einen die Chance, bereits vorhandenes militärisches Gerät wie Radarsysteme oder gepanzerte Fahrzeuge umzubauen und an die Bedürfnisse von Polizei und Grenzschutzbehörden anzupassen.
Zum anderen spekulieren sie auf neue lukrative Geschäfte. Im Mittelpunkt stehen drei Bereiche: moderne, sichere Kommunikationstechnologien; Aufklärungs- und Überwachungssysteme mit großer Reichweite, die teilweise Fußgänger bis über 20 Kilometer weit orten können; und die Automatisierung solcher Überwachungstechnologie, etwa mithilfe von Drohnen, die rund um die Uhr im Einsatz sind.
Die Broschüre kommt angesichts der zunehmenden Zusammenarbeit von Frontex, der Streitkräfte von EU-Mitgliedern und der Rüstungsindustrie zum Ergebnis: „Insgesamt ist es diesen Akteuren also gelungen, auf dem Rücken der Flüchtlinge eine für sie politisch und ökonomisch profitable Win-Win-Konstellation zu schaffen.“
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