Zum zehnjährigen Bestehen des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) haben der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) und die katholische Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH) den Beitrag der Kirchen in einem gemeinsamen Positionspapier unterstrichen. Beide Organisationen betonen darin ihre Überzeugung, dass Frieden von unten wachsen muss. Konfliktanalysen und Friedensvisionen müssten stets im Dialog mit Partnern vor Ort entwickelt werden, bei denen die Verantwortung für die Projekte liege.
Der christliche Friedensdienst fuße auf Gewaltlosigkeit und fordere eine Ächtung von Gewalt „in jeglicher Art und Form", heißt es in dem Papier. Er müsse sich deshalb strikt von militärischen Akteuren abgrenzen und auf Distanz gehen zu Projekten der zivil-militärischen Zusammenarbeit. Spezifische Potenziale der Kirchen in der Friedensarbeit sehen der EED und die AGEH zum einen im Umgang mit Schuld und Vergebung. Opfer und Täter sollten gemeinsam begleitet und gestärkt werden. Dies geschehe im Bewusstsein, dass Versöhnung vor allem ein spiritueller Prozess sei, für den die Menschen Raum und Zeit benötigen. Hierfür könnten die christlichen Kirchen vielfältige rituelle Formen anbieten.
Zum anderen seien christliche Friedensfachleute in religiösen Konflikten dazu prädestiniert, Menschen in ihrer Religiosität ernst zu nehmen. Sie seien in der Lage, Verletzungen nachzuvollziehen und gemeinsam mit den Beteiligten nach Lösungen zu suchen, die die spirituelle Dimension einbeziehen und eine gegenseitige Toleranz ermöglichen. Die weltweite Verankerung auf allen gesellschaftlichen Ebenen ermögliche es den Kirchen, die Bevölkerung nach Krisen oder Konflikten zu unterstützen, wenn andere zivilgesellschaftliche oder staatliche Strukturen zusammengebrochen sind. Sie genössen deshalb sowie aufgrund ihres Engagements für Arme und Benachteiligte oft einen Vertrauensvorschuss.
Allerdings verhinderten starre Hierarchien, die „Verbandelung" von Kirchenvertretern mit „politischer und ökonomischer Macht" sowie die Tatsache, dass Frauen in leitenden Funktionen noch immer unterrepräsentiert sind, die volle Entfaltung der kirchlichen Stärken, räumen der EED und die AGEH ein. In ihrem Positionspapier gehen die beiden Organisationen zudem selbstkritisch auf die „dunkle Seite" der Kirchen in Gewaltkonflikten ein. Überheblichkeit, Ausgrenzung, Intoleranz und Aufrufe zur Gewalt „gab und gibt es auch von christlicher Seite". Religion werde aufgrund ihrer emotionalen Kraft in Konflikten häufig missbraucht oder instrumentalisiert, um Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele und hegemonialer Interessen zu rechtfertigen. Der EED und die AGEH strebten deshalb gemeinsam mit ihren Partnern an, das eigene Handeln immer wieder zu reflektieren, heißt es in dem Papier.
Zur Weiterentwicklung des ZFD erklären die beiden Organisationen, eine erfolgreiche Projektarbeit benötige größere Handlungsspielräume. Der Friedensdienst müsse deshalb flexibler organisiert sein, um schneller auf sich ändernde Bedingungen reagieren zu können. Friedensarbeit müsse zudem eng verzahnt werden mit dem Einsatz für Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Ende 2008 hatte die AGEH 36 Friedensfachkräfte unter Vertrag, beim EED waren es zu diesem Zeitpunkt 10. Insgesamt sind zur Zeit 200 ZFD-Fachkräfte in aller Welt im Einsatz.
Gesine Wolfinger