Frieden im Namen der Ölscheichs

Eritrea und Äthiopien
Der Friedensschluss am Horn von Afrika macht Hoffnung, kommentiert Tillmann Elliesen. Die neuen Partner beider Länder weniger.

Es war ein weiterer spektakulärer Zug des neuen äthiopischen Premierministers Abiy Ahmed: Am 8. Juli reiste der 41-Jährige nach Asmara, in die Hauptstadt des Erzfeindes Eritrea, umarmte dessen Präsidenten Isaias Afewerki und unterzeichnete dann ein Friedensabkommen, das den seit 20 Jahren währenden Kriegszustand zwischen beiden Ländern beendet.

Damit hat Abiy erneut bewiesen, dass er wirklich etwas bewegen will. Seit er vor drei Monaten gewählt wurde, hat er politische und wirtschaftliche Reformen in Äthiopien angestoßen, die bis dahin kaum vorstellbar waren. Er ist auf die Opposition zugegangen, hat wichtige Regimekritiker aus dem Gefängnis entlassen, die Macht des Militärs und der Geheimdienste beschnitten und eine wirtschaftliche Liberalisierung in Gang gesetzt.

Und jetzt also Frieden mit Eritrea. Dieser Erfolg ist allerdings nicht allein dem charismatischen äthiopischen Premier zu verdanken, wie das jetzt zum Teil dargestellt wird. Ein Richtungswechsel Äthiopiens gegenüber Eritrea hat sich schon vor gut einem Jahr angekündigt. Im April 2017 erklärte der damals amtierende Premierminister Hailemariam Desalegn, die Regierung berate über einen neuen Umgang mit dem Nachbarn. Das war der Erkenntnis geschuldet, dass der Konfrontationskurs seit dem Krieg 1998 bis 2000 mit mehr als 80.000 Toten auf beiden Seiten nicht zu dem erhofften Regimewechsel in Asmara geführt hatte. Denn trotz der Isolierung durch Äthiopien und internationaler Sanktionen sitzt Präsident Afewerki, der Eritrea seit 25 Jahren diktatorisch führt, fest im Sattel.

Saudi-Arabien hat hinter den Kulissen vermittelt

Ein Grund dafür: Seit einigen Jahren unterstützen Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (UAE) das Regime in Asmara. Im Gegenzug dürfen die sunnitischen Golfmonarchien Eritrea als militärische Basis für ihren Krieg gegen die schiitischen Houthi-Rebellen (und damit gegen Iran) im Jemen nutzen. Vom süderitreischen Hafen Assab, den die Regierung für 30 Jahre an die UAE verpachtet hat, sind es nur wenige Kilometer über das Rote Meer bis zur jemenitischen Küste.

Offenbar haben Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate bereits seit einigen Monaten hinter den Kulissen zwischen Äthiopien und Eritrea vermittelt, um eine Annäherung in Gang zu bringen. Das dürfte nicht zuletzt der Einsicht geschuldet gewesen sein, dass stabile Beziehungen zwischen den beiden Ländern dem Interesse dienen, die eigene Position in der strategisch bedeutsamen Region zu festigen. Denn das Horn von Afrika ist für die beiden Golfmonarchien nicht nur wegen des Kriegs im Jemen wichtig. Sie konkurrieren hier zunehmend auch mit ihrem Rivalen Katar und mit der Türkei, die ebenfalls politische und wirtschaftliche Interessen verfolgen.

Europa denkt nur an die Flüchtlinge

Der Friedensschluss zwischen Äthiopien und Eritrea ist ein Riesenfortschritt und macht Hoffnung – auch innenpolitisch für Eritrea. Denn möglicherweise muss Präsident Afewerki nun zumindest ein Stück weit dem Beispiel von Abiy Ahmed folgen und die Zügel lockern. Es ist aber nicht garantiert, dass das zerbrechliche Horn von Afrika jetzt zur Ruhe kommt – im Gegenteil: Sollte der Friedensschluss die Positionen Saudi-Arabiens und der UAE stärken, dann könnte das deren Konflikt vor allem mit Katar anheizen. Anzeichen dafür gibt es bereits in Somalia, wo heftiger Streit zwischen verschiedenen politischen Fraktionen entbrannt ist, von denen die einen von den UAE, die anderen von Katar finanziell gefördert werden.

Und Europa? Das ist vor allem mit sich selbst und seiner Angst vor Flüchtlingen beschäftigt. Die Europäische Union hat sich in den vergangenen Monaten darauf beschränkt, fragwürdige Deals mit Äthiopien und Eritrea zu schließen, um die Migration von dort zu stoppen. Wie das Horn von Afrika in Zukunft aussehen soll, überlässt Brüssel wohl lieber den arabischen Ölscheichs.

 

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