Wenn Donald Trump seinen Willen bekommt, dann werden demnächst zehntausende Jungen und Mädchen in Ländern wie Mali, Äthiopien, Bangladesch und Honduras mit knurrendem Magen die Schulbank drücken – oder gar nicht mehr in die Schule gehen. Die USA geben jedes Jahr rund 200 Millionen US-Dollar für sogenannte Schulspeisungsprogramme in Afrika, Asien und Lateinamerika aus: Die Schüler und Schülerinnen bekommen in der Mittagspause jeden Tag eine einfache Mahlzeit. Fachleute sehen das als wichtiges Instrument, den Hunger zu bekämpfen und zugleich die Bildung der Kinder voranzubringen. Ohne kostenloses Mittagessen würde für viele Eltern der Anreiz fehlen, ihre Söhne, vor allem aber ihre Töchter in die Schule zu schicken.
Das im Landwirtschaftsministerium angesiedelte Schulspeisungsprogramm der USA gilt international als eines der wichtigsten, weil finanzstärksten. Trumps Vorgänger George W. Bush hatte es 2003 mit Unterstützung beider Parteien im Kongress aufgelegt. Donald Trump will es jetzt streichen, und zwar vollständig. Es sei nicht erwiesen, dass das Programm wirksam Ernährungsunsicherheit reduziere, heißt es im Entwurf der Trump-Administration für den US-Haushalt 2018.
Entwicklungsexperten schlagen die Hände über den Kopf zusammen. Denn Trump will nicht nur dieses Programm streichen, sondern die gesamte US-amerikanische Entwicklungshilfe drastisch um rund ein Drittel kürzen. Dem Außenministerium und seinen angegliederten Institutionen wie der Entwicklungsagentur USAID sollen 2018 nur noch 40 Milliarden Dollar zur Verfügung stehen statt der 59 Milliarden in diesem Jahr. Davon betroffen sind praktisch alle zivilen Programme internationaler Zusammenarbeit, nicht hingegen die Militärhilfe etwa für Staaten wie Ägypten oder Israel.
Programme seien alle nicht wirksam
So wollen Trump und sein Außenminister Rex Tillerson die globalen Gesundheitsprogramme der USA um ein Viertel kürzen, ebenso die Mittel für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die humanitäre Hilfe, die der Kongress für das laufende Jahr angesichts der Hungersnöte am Horn von Afrika und im Jemen nachträglich um zusätzliche 616 Millionen Dollar erhöht hatte, soll sogar fast halbiert werden. Immerhin: Auf dem G20-Gipfel in Hamburg sagte Trump mehr als 600 Millionen Dollar zusätzlich für die Hungerbekämpfung zu, gut die Hälfte davon ist für das UN-Welternährungsprogramm.
Beiträge an internationale Finanzinstitutionen wie die Weltbank will die Regierung um 16 Prozent kürzen, die Beiträge zu internationalen Klimafonds, mit denen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern finanziert werden, will sie komplett streichen.
Die Regierung begründet diese Streichorgie vor allem damit, die betroffenen Programme seien nicht wirksam. Mitte Juni musste Außenminister Tillerson nun vor einigen Ausschüssen des Senats und des Repräsentantenhauses erklären, wie man das ändert, indem man weniger Geld gibt – und er machte offenbar keine besonders gute Figur dabei.
Laut einem Bericht des Center for Global Development (CGDEV) in Washington äußerten sich etliche Abgeordnete und Senatoren aus beiden Parteien skeptisch bis offen ablehnend zu Trumps Haushaltsentwurf. Im CGDEV hält man es für sehr unwahrscheinlich, dass der Kongress die Kürzungen in diesem Ausmaß billigt – auch wenn noch nicht abzusehen sei, wie stark sich die Abgeordneten am Ende gegen die Pläne der Regierung stemmen.
„Jesus hätte diesen Haushaltsentwurf abgelehnt“
Auf große Skepsis trifft bei erfahrenen Außenpolitikern auch das Vorhaben von Trump, USAID enger an das Außenministerium zu binden oder sogar darin aufgehen zu lassen. Der frühere USAID-Chef Andrew Natsios sagte dazu in einem Gastkommentar für die „Washington Post“, das sei für die Entwicklungshilfe noch gefährlicher als die geplanten Haushaltskürzungen. Die US-amerikanischen Hilfsprogramme würden als Folge noch stärker als heute schon außen- und sicherheitspolitischen Interessen der USA untergeordnet oder für diese missbraucht. Das würde die Hilfe nicht effektiver machen, im Gegenteil, schreibt Natsios. Zudem bestehe die Gefahr, dass USAID als Abteilung des Außenministeriums seine Expertise verliert, wenn zunehmend außenpolitische Generalisten statt entwicklungspolitische Fachleute eingestellt werden.
Als Hoffnungsträger sieht das Center for Global Development den von Donald Trump nominierten neuen USAID-Chef Mark Green. Der vertrete eher gemäßigte und traditionelle außen- und entwicklungspolitische Positionen und sei im Kongress auf viel Zustimmung gestoßen. Bei den Anhörungen im Juni etwa wollte Green die geplante Zusammenlegung von Außenministerium und USAID nicht kommentieren. Er sagte lediglich, beide Institutionen hätten verschiedene Rollen und Kulturen.
Gegenwind bekommt Trump auch von den US-Kirchen. Die Vorsitzende des Nationalen Kirchenrates der USA, Reverend Sharon Jackson, erklärte Ende Juni, Jesus hätte diesen Haushaltsentwurf abgelehnt. Der Entwurf scheine davon auszugehen, „dass arme Menschen die Verteidigung unseres Landes finanzieren sollen“, sagte Jackson auf einer Pressekonferenz des Circle of Protection, einem ökumenischen Zusammenschluss US-amerikanischer Kirchen, der sich im politischen Washington für arme und benachteiligte gesellschaftliche Gruppen einsetzt. In einer Erklärung des Circle heißt es, man werde mit Kongressabgeordneten über Parteigrenzen hinweg einen Haushalt formulieren, der armen Leuten Schutz bietet.
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