Seit 2002 fördern Kleinschürfer Zinn in der Region Bisié, im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Sie haben das Vorkommen entdeckt und können mit ihren Familien gut von den Erträgen leben. Die Arbeit mit Schaufeln und Hacken ist anstrengend, wirft aber sehr viel mehr ab als die Arbeit auf dem Feld. In der neu entstandenen Siedlung Ma Noiré leben mittlerweile zwischen 6000 und 7000 Menschen. Bereits kurz nach Entdecken des Vorkommens haben die Kleinschürfer sich zusammengetan und beim Bergbauministerium eine offizielle Lizenz beantragt. Sie erhielten die Zusage, dass die Bergbaustätte ein staatlich ausgewiesenes Kleinschürfergebiet werden soll.
Mittlerweile ist aber auch der industrielle Bergbau auf die großen Zinnvorkommen in Bisié aufmerksam geworden. Das kanadische Unternehmen Alphamin hat die Abbaulizenz erhalten und will dort im großen Stil Zinn fördern. Die Kleinschürfer, die aus Sicht des Unternehmens illegal graben, weigern sich, die Bergbaustätten zu verlassen, und berufen sich auf die vormalige Zusage des Bergbauministeriums sowie darauf, dass sie die Vorkommen entdeckt haben.
„Sollte der Staat die Kleinschürfer und ihre Familien vertreiben, drohen gewaltsame Auseinandersetzungen“, sagt der Kongo-Referent beim katholischen Hilfswerk Misereor, Vincent Neussl. Schnell könnten sich dann auch in Bisié Milizen einmischen, die vom Rohstoffhandel profitieren wollen. „Die Sicherheitslage vor Ort würde sich dramatisch verschlechtern und auch das Bergbauprojekt von Alphamin wäre gefährdet.“ Vertreter der Kleinschürfer-Kooperativen und von Alphamin wollen nun gemeinsam nach Lösungen suchen. Sie haben die Caritas Goma gebeten, die Verhandlungen zu moderieren.
Eine gerechte Aufteilung des Gebietes scheint denkbar
Dass Alphamin den Kleinschürfern eine gut bezahlte Arbeit anbietet, ist kaum möglich. Im industriellen Bergbau wird schweres Gerät eingesetzt, das von wenigen qualifizierten Arbeitern bedient werden muss. In anderen, ähnlich gelagerten Konflikten hatte das Ministerium entschieden, dass die Bergbauunternehmen die offizielle Lizenz bekommen und den Kleinschürfern der Abraum überlassen wird. Für die Kleinschürfer in Bisié sei das zu wenig, meint Neussl. An verschiedenen Stellen stießen sie auf Fels und kämen mit ihren einfachen Gerätschaften nicht mehr weiter. Alphamin dagegen könne kein Interesse haben, seinen internationalen Ruf durch blutige Konflikte aufs Spiel zu setzen. Eine gerechte Aufteilung des Gebiets sei unter diesen Umständen durchaus denkbar. „Man könnte den Schürfern auch helfen, ein hinreichend erzhaltiges, alternatives Gebiet zu finden und sie bei der Umsiedlung unterstützen“, sagt Neussl.
Misereor unterstützt die Verhandlungen finanziell und fachlich und erhofft sich Erfahrungen, die für die weitere Arbeit im Umgang mit Abbaukonflikten nützlich sein können. „Wir setzen uns zusammen mit unseren Partnern dafür ein, dass die Rechte von Kleinschürfern in der kongolesischen Bergbaugesetzgebung besser geschützt werden“, sagt Neussl. Bis zu 80 Prozent der auf dem Weltmarkt gehandelten Erze Tantal, Kobalt, Kupfer, Zinn oder Gold würden im Kongo im Kleinbergbau gefördert. „Allein im Kongo leben mehr als zwei Millionen Kleinschürfer und ihre Familien vom Bergbau. Für sie ist es oft die einzige Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.“
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