Sven Giegold ist Mitglied des Europaparlaments für die Fraktion der Grünen.
Herr Giegold, Markus Pieper beklagt in seinem Bericht, die Finanzierung von NGOs sei oft undurchsichtig. Teilen Sie diese Kritik?
Grundsätzlich ja. Es gibt keine gesetzlichen Standards für die Transparenz von NGOs und Verbänden. Doch Pieper misst mit zweierlei Maß. Er kritisiert vor allem NGOs, die sich für Gemeinwohlziele einsetzen, schaut bei der intransparenten Finanzierung von Wirtschaftsverbänden aber weg. Alle Lobbyorganisationen sollten Einkünfte ab 3000 Euro offenlegen. Transparenz sollte für alle gelten, die Politik beeinflussen, nicht nur für NGOs.
Pieper kritisiert zudem, die EU-Kommission nutze NGOs teilweise dazu, ihre eigene Agenda zu verfolgen – etwa indem NGOs sie über Lobbyarbeit ins EU-Parlament bringen. Stimmt das?
Das mag es geben. Was Pieper jedoch nicht sehen will: Die Förderung von NGOs dient der politischen Gerechtigkeit. Wirtschaftsverbände finanzieren ihre Lobbyarbeit letztlich aus den Gewinnen von Unternehmen. Verbraucher, zukünftige Generationen, die Natur, die Armen, Arbeitslose und so weiter erwirtschaften keine Gewinne. Daher ist richtig, dass ihre Interessen auch mit öffentlichen Geldern gestärkt werden. Die Förderung von Gemeinwohllobbys ist ein Gegengift zum Lobbyismus mächtiger Sonderinteressen.
Pieper plädiert dafür, die EU solle nur noch solche NGOs fördern, deren Arbeit nicht gegen Werte und Interessen der EU verstößt. Was sagen Sie dazu?
Natürlich sollte die EU keine NGOs fördern, die gegen die Grundwerte der EU arbeiten. Dabei legt Pieper jedoch Standards an, die zeigen, dass er mit der Meinungsvielfalt auf Kriegsfuß steht. Wer die Handelspolitik der EU à la TTIP kritisiert, verteidigt Grundwerte der EU. Wer nur die Zivilgesellschaft stärken will, die Piepers Ansichten entspricht, ist mit der pluralen Demokratie nicht im Reinen.
Die Fragen stellte Tillmann Elliesen.
Neuen Kommentar hinzufügen