Die Länder des globalen Südens brauchen mehr profitorientierte, private Investitionen aus dem globalen Norden. Nach dieser Ideologie handeln nicht nur die Manager von Entwicklungsbanken, sondern auch ihre politischen Geldgeber. Das Mantra dahinter: Wenn etwas Gewinn bringt, dann ist es auch nachhaltig. Entsprechend erhalten Firmen für ihre privaten Investitionen Milliarden Franken an öffentlichen Geldern. Public Private Partnership, kurz PPP, gilt als Kürzel für Erfolg; Entwicklungszusammenarbeit von Unternehmen ist demnach das neue Wundermittel im Kampf gegen die globale Armut.
Doch diese Ideologie macht blind gegenüber den Auswirkungen einer derartigen Entwicklungsfinanzierung: Diese Politik führt zu Ausbeutung und Korruption. Wir müssen fragen, welche Art von Entwicklung angepeilt wird und wem solche Investitionen wirklich dienen.
Denn allzu oft sind Firmen, die große Kredite von Entwicklungsbanken erhalten haben, in Korruption, Landraub oder Menschenrechtsverletzungen verwickelt. Ein Beispiel ist das undurchsichtige Firmenkonstrukt Feronia Inc., das in der Demokratischen Republik Kongo Ölpalmplantagen betreibt. Die Mittel dazu stammen größtenteils von Entwicklungsbanken. Doch Menschen, die auf den Plantagen arbeiten oder wohnen, berichten immer wieder von miserablen Arbeitsbedingungen und dass Löhne statt in Geld in Naturalien ausgezahlt würden.
Korruption gehört zum Geschäft
Die Landkonflikte im Kongo, die noch aus der Zeit des belgischen Königs und Kolonialherrn Leopold rühren, sind nach wie vor ungelöst. Darauf wiesen die nichtstaatlichen Organisationen Grain und Riao aus der DR Kongo die Entwicklungsbanken schon 2015 mit einem gemeinsamen Bericht hin. Diese ignorierten die Fakten aber und investierten weitere Millionen in Feronia. 2016 haben Grain und Riao ihre Vorwürfe erneut belegt. Zugleich legen die Informationen im Bericht nahe, dass Korruption bei der Feronia Inc. zum Geschäft gehört.
So seien die Kapitalflüsse in der verschachtelten Firmenstruktur extrem unübersichtlich, und oft seien über mehrere Jahre hinweg nicht weiter spezifizierte „Leistungen“ in Millionenhöhe in Rechnung gestellt worden. Feronia und ihre öffentlichen Geldgeber wie DEG (Deutschland), FMO (Niederlande), BIO (Belgien) und CDC (Grossbritannien) streiten die Vorwürfe ab.
Zudem bleibt die Frage, wem sich die Entwicklungsbanken verpflichtet fühlen: Den Menschen, die sie unterstützen sollten, den Unternehmen, denen sie Kredite gewähren, oder ihren eigenen Kapitalgebern? Das zeigt anschaulich der Fall Addax Bioenergy in Sierra Leone. Seit 2010 hat dort der Genfer Milliardär Jean-Claude Gandur mit seinem Unternehmen 500 Millionen Euro investiert – mehr als die Hälfte davon war aber öffentliches Geld. Damit hat Addax Bioenergy 10.000 Hektar Land gepachtet, um Zuckerrohr anzubauen und daraus Ethanol für europäische Autotanks herzustellen. In Sierra Leone wuchsen grosse Hoffnungen auf Arbeitsplätze, Schulen, Spitäler – auf Entwicklung.
Das Risiko tragen die Menschen vor Ort
Noch bevor die Ethanolproduktion richtig begann, beendete Addax das Projekt im Juli 2015 überraschend. Das Land bleibt seither abgesperrt. Die Saisonarbeiter verloren ihren Job, die fest angestellten Arbeitskräfte wurden von Addax bei reduziertem Lohn freigestellt. Während eines Besuchs im April 2016 erzählten uns die Menschen, so eine Armut hätten sie noch nie erlebt und es drohe Hunger. Im September 2016 verkaufte Gandur die Mehrheit am Agrotreibstoffprojekt in Makeni an die britische Sunbird Bioenergy. Wie es weiter geht, bleibt ungewiss.
Wer annimmt, die Entwicklungsbanken fühlten sich nun verantwortlich für das, was ihre Investitionen mit angerichtet haben, täuscht sich. Die Geldgeber geben sich damit zufrieden, dass Addax Bioenergy alle Kredite zurückbezahlt hat. Man wolle und dürfe sich nicht zum einstigen Vorzeigeprojekt äußern, lassen sie verlauten. Das Risiko für diese schiefgelaufenen Investitionen in private Konzerne tragen die Menschen vor Ort: Sie haben kein Land und keine Arbeit.
Schließlich führen die Folgen von einzig profitorientierten Großprojekten in der Landwirtschaft – ob aus dem globalen Norden oder innerhalb eines Landes – häufig zu Armut am Ort. Wenn aber eine Ursache von Armut als Wundermittel zu deren Beseitigung schön geredet wird, wirkt das zynisch. Stattdessen braucht es eine andere landwirtschaftliche Entwicklung. Eine, die die betroffenen Menschen selbst mitgestalten können. Erst so erreichen wir unser Ziel, Menschen satt zu machen und nicht die Gier von Unternehmen zu erfüllen.
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