Sudan bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.
Was treibt Sie an und was macht Sie wütend?
Ich bin entsetzt über die Menschenverachtung der Angehörigen von Eliten. Einen Tag vor dem Wiederausbruch des Konflikts im Südsudan sprach ich mit Regierungs- und Oppositionsvertretern in Juba. Dass ein neuer Krieg mit Tausenden Toten drohte, schien sie völlig kalt zu lassen. Selbstherrlich benehmen aber auch wir uns, wenn wir so tun, als sei unser Wohlstand allein die Frucht unserer Hände Arbeit. So etwas macht mich wütend – und aktiv.
Wen würden Sie mit dem alternativen Nobelpreis auszeichnen?
Die ägyptische Schriftstellerin Nawal El Saadawi. Sie ist mit 85 Jahren noch immer eine glühende Streiterin für Frauen- und Menschenrechte – eine, die die Missstände, gegen die sie angeht, am eigenen Leib gespürt hat. Und Cristina Cattaneo – für ihre Mission, die Menschen, die auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken sind, zu identifizieren und ihnen ihren Namen zurückzugeben.
Mit wem würden Sie gerne einmal streiten?
Mit der Diktatorenriege, die ich so kenne, hätte das vermutlich keinen Zweck. Deshalb würde ich mich gerne mit den Philosophen Judith Butler und Slavoj Zizek über die Rolle von Gewalt als Mittel der politischen Veränderung auseinandersetzen: Was macht sie mit den Menschen, die sie eingesetzt haben, nach dem Konflikt? Wie geht man mit diesem Erbe um? Mit den Aktionskünstlern des Zentrums für politische Schönheit wiederum würde ich gerne über die Grenzen der Selbstdarstellung auf Kosten Dritter sprechen.
Auf welches Projekt sind Sie besonders stolz, was ist Ihnen besonders gelungen?
Bei Amnesty International haben wir im Jahr 2000 eine Studie zur Verantwortung von Ölfirmen an Menschenrechtsverletzungen im Sudan veröffentlicht. Die hat wesentlich dazu beigetragen, dass neben den staatlichen auch wirtschaftliche Akteure ins Blickfeld geraten sind.
Was ist schief gegangen und wieso?
Gleiches Thema. Das Problem ist jetzt zwar weitgehend bekannt – Coltan aus den Konfliktgebieten im Ostkongo. Aber all die Bemühungen des Forums Menschenrechte und anderer, Unternehmen für ihre Mitverantwortung an Menschenrechtsverletzungen rechtlich haftbar zu machen, oder durch Zertifizierung eine saubere Coltanförderung zu unterstützen, waren bislang kaum erfolgreich. Da haben wir noch viel Arbeit vor uns.
Das Gespräch führte Barbara Erbe
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