Über die Vor- und Nachteile von Holz als Energiequelle wird seit langem gestritten – nicht nur in Entwicklungsländern. In vielen Industrieländern gilt Holzenergie als erneuerbar und ökologisch nachhaltig und wird gefördert. In Afrika ist meist das Gegenteil der Fall: Holzenergie wird als Problem gesehen, verboten und aus Programmen zur Förderung von erneuerbaren Energien meist herausgehalten.
Das ist den Verhältnissen dort nicht angemessen. Holz ist mit Abstand der wichtigste Energieträger in Subsahara-Afrika und wird von schätzungsweise 70 Prozent aller Haushalte zum Kochen genutzt – allerdings mit großen Unterschieden von Land zu Land. So wird es im relativ gut entwickelten Süden (Südafrika, Botsuana) und in Ländern mit natürlichen Gasvorkommen wie Gabun relativ wenig verwendet, in den ärmsten Ländern der Region liegt dafür der Anteil bei mehr als 90 Prozent. Hier dominiert Holz die gesamte nationale Energiebilanz.
Holzenergie wird in Afrika meist in Form von Brennholz oder Holzkohle genutzt. Brennholz besitzt eine vergleichsweise geringe Energiedichte, ist schlecht stapelbar und transportierbar und hat ein relativ großes Volumen pro Energieeinheit. Daher ist Holz ungünstig, wenn längere Transporte nötig sind. So wird in Städten stattdessen oft Holzkohle verwendet. Sie hat eine etwa doppelt so hohe Energiedichte wie Holz, ist besser zu stapeln und zu transportieren und verbrennt sauberer.
In vielen ländlichen Gebieten wird Holzenergie genutzt, weil es die einzig verfügbare Energiequelle ist – etwa zum Kochen –, aber auch weil sie frei zur Verfügung steht: Um an Holz zu gelangen, muss nur die eigene Arbeitskraft aufgewendet werden. Das macht es für die meist arme Landbevölkerung besonders attraktiv.
In der Stadt lohnt sich Brennholz nicht
Vor allem auf dem Land wird Holz noch oft in sogenannten Drei-Steine-Feuerstellen verbrannt. Auch die sind quasi kostenlos, aber sehr ineffizient: Sie verbrauchen große Mengen Holz pro Einheit genutzter Kochenergie. Verbesserte Öfen sind noch nicht sehr weit verbreitet, und die regionalen Unterschiede sind groß.
In ländlichen Gebieten ist Holz oft fußläufig zu erreichen, sodass Haushaltsmitglieder jeden Tag das nötige Brennholz sammeln können. In den Waldgebieten des Kongobeckens geschieht das oft in unmittelbarer Nähe des Hauses, zum Beispiel auf Flächen, die ohnehin zur Brandrodung und anschließenden landwirtschaftlichen Nutzung vorgesehen sind. In anderen Regionen dagegen ist Feuerholz oft knapp – vor allem da, wo sich der Baumbestand weniger schnell regeneriert wie in Trockengebieten und Hochgebirgslagen oder wo bei hoher Bevölkerungsdichte viel Holz genutzt wird und Bäume stark von Viehverbiss geschädigt werden. Hier ist ein erheblicher Arbeitsaufwand für das Sammeln nötig. In Subsahara-Afrika sind dafür vor allem Frauen und Kinder verantwortlich. Sie tragen oft schwere Lasten über große Strecken.
In vielen Städten, vor allem wenn sie größer werden, ist Holz jedoch nicht mehr leicht verfügbar und der tägliche Bedarf kann nicht durch Eigenversorgung gedeckt werden. Hier haben sich komplexe, meist informelle Versorgungs- und Wertschöpfungsketten entwickelt. Große Städte haben gewaltige Einzugsgebiete. Für Brazzaville wird zum Beispiel von Lieferungen über bis zu tausend Kilometer berichtet. Dann ist der Transport von Brennholz nicht mehr rentabel und es wird weitgehend Holzkohle geliefert.
Für Holzkohle wird Holz in Meilern unter teilweisem Luftausschluss erhitzt. Das ist sehr arbeitsaufwendig. Holzkohle wird von Teams sehr unterschiedlicher Größen produziert, von Ein-Mann-Betrieben bis zu mehreren Hundert Arbeitern. Die Produktion ist aber fast immer sehr harte Handarbeit, die fast ausschließlich von Männern geleistet wird – vorwiegend nah an den Holzvorkommen im Wald oder auf dem Feld. Händler organisieren das Sammeln und den Transport, auf weiten Strecken meist mit großen Lastwagen. In den Städten wird Holzkohle in der Regel von Großhändlern übernommen und entweder direkt an größere Endverbraucher wie Hotels oder Restaurants verkauft oder über kleine Händler zu den Endverbrauchern gebracht.
Selbst in den Städten wird oft noch auf sehr einfachen Herden gekocht. So sind zum Beispiel effizientere Holzkohleherde wie der Jiko-Herd, die in Ostafrika schon vor Jahrzehnten eingeführt wurden, in Kongos Hauptstadt Kinshasa heute noch eher die Ausnahme. Nur wenige und wohlhabende Familien nutzen Gas, Elektrizität oder Kerosin, und selbst sie tun es nicht durchgehend.
Insgesamt hat die Holzenergie, vom Sammeln oder Schlagen über Köhler und Händler bis zum Endverbraucher, enorme Bedeutung für viele afrikanische Staaten. Diese Wertschöpfungskette soll in manchen Ländern bis zu 3,5 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtleistung ausmachen; da viele Geschäfte dabei informell sind, gibt es allerdings dazu kaum verlässliche Zahlen. In der Wertschöpfungskette finden sehr viele Menschen Beschäftigung.
So wurde geschätzt, dass 2009 ungefähr 300.000 Kongolesen die damals acht Millionen Einwohner Kinshasas mit Brennholz oder Holzkohle versorgten. In ländlichen Gebieten ist die Produktion von Holzenergie oft ein wichtiger Bestandteil des Einkommens oder sie spart Ausgaben – vor allem dann, wenn die Holzgewinnung mit der Landwirtschaft gekoppelt ist wie in Agroforstsystemen oder bei Baumpflanzungen, Hecken, Mischkulturen und Baumgruppen. In Krisenzeiten, etwa während Dürren, sind Holz- und Holzkohleverkauf häufig eine der wenigen verbleibenden Einkommensquellen.
Eine bekannte Kehrseite sind die Gesundheitsfolgen, insbesondere von Holzfeuern in traditionellen Herdstellen. Dabei entsteht starker Rauch, dem vor allem Frauen, die traditionell das Kochen übernehmen, und kleinere Kinder ausgesetzt sind. Eine Studie der WHO vergleicht die Belastung mit dem Rauchen von zwei Päckchen Zigaretten täglich. Atemwegserkrankungen sind die Folge, die in vielen Fällen zu Krankheiten, verminderter geistiger und körperlicher Leistung und einem frühzeitigen Tod führen. Man nimmt mittlerweile an, dass diese „Indoor Air Pollution“ größeren Gesundheitsschaden in Afrika anrichtet als Aids. Holzkohleöfen sind weniger problematisch.
Aus ökologischer Sicht wird die Nutzung von Holzenergie oft mit Abholzung und Entwaldung großer Landstriche in Zusammenhang gebracht. Die Folgen des Klimawandels würden so verstärkt, weil Erosion und Desertifikation in den betroffenen Gebieten drohten. Daher wird Holzenergie oft als nicht nachhaltig angesehen.
In der Realität ist die Situation komplexer. Zwar hat vereinzelt die (plötzliche) hohe Nachfrage nach Holzenergie die Baumbestände erheblich dezimiert, etwa in Gebieten um Flüchtlingslager. Aber hauptsächlich wird Entwaldung in Afrika von kleinbäuerlicher und industrieller Landwirtschaft, der Erschließung für die Infrastruktur und der Ausbreitung von Städten und von Siedlungen am Stadtrand verursacht. Holzenergie ist dabei oft nur ein Nebenprodukt, besonders in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft.
Dass frei weidendes Vieh die jungen Triebe anfrisst, ist oft der wichtigste Grund, warum Wälder und Bäume sich nicht regenerieren. Häufige Buschfeuer sind ebenfalls problematisch für den Wiederaufwuchs vieler Baumarten. Und übersehen wird oft: Die Nachfrage nach Holz als Energielieferant kann auch dazu beitragen, dass in landwirtschaftlich produktiven Gebieten mehr Bäume stehen und sogar die Landwirtschaft als primären Landnutzungsfaktor ersetzen. In einigen Gegenden Afrikas, wie im Umkreis der größeren Städte Malawis oder im Norden Madagaskars, hat die steigende Nachfrage nach Holz schon Kleinbauern zu Aufforstungen veranlasst.
Verbote werden umgangen
Die Holz- und Holzkohlenutzung wurde früh als Problem betrachtet. Im Prinzip regelt der Zentralstaat in vielen Ländern Afrikas den Holzeinschlag, die Holzkohleproduktion und den Vertrieb, zum Beispiel mit Konzessionen. Im Tschad wurde 2009 die Holzkohlenutzung pauschal verboten. Allerdings sind in weiten Teilen Subsahara-Afrikas die Zentralstaaten zu schwach, um solche Regeln durchzusetzen – gerade außerhalb der Städte –, und die Regierungsführung ist vielfach schlecht. Unter diesen Umständen sind die Regeln eher eine Einladung zur Umgehung und zur Korruption und verteuern den Preis.
Bereits seit einigen Jahrzehnten gibt es zahlreiche Entwicklungsprojekte zu einzelnen Facetten der Holzenergie – etwa spezielle Aufforstungsprojekte und Initiativen für verbesserte Meiler und saubere Kochherde. Allerdings waren nur sehr wenige wirklich, das heißt großflächig und dauerhaft, erfolgreich. Schließlich gibt es viele Versuche, Holz oder Holzkohle zu ersetzen. In den meisten Städten werden andere Energieträger wie Flüssiggas und Strom angeboten, häufig zu subventionierten Preisen. In vielen Landgebieten wurde mit Solarkochern und Biogas experimentiert. Allerdings sind die Versorgung und die Subventionen oft unzuverlässig. Das führt zusammen mit Kochtraditionen und/oder Geschmackspräferenzen dazu, dass selbst gut gestellte Haushalte häufig bei Holz und Holzkohle bleiben. Ärmere Haushalte, die in der Regel die große Mehrheit darstellen, können sich die Alternativen, die oft mit Neuanschaffungen für Herde oder Töpfe verbunden sind, ohnehin kaum leisten. Auf dem Land gibt es meist überhaupt keine geeignete Versorgung.
Bei vielen Projekten hat man die Rahmenbedingungen falsch eingeschätzt. Zu viele beruhten hauptsächlich auf Erwartungen an den technischen Fortschritt und die wirtschaftliche Entwicklung und berücksichtigten zu wenig die sozialen, kulturellen, technischen und ökonomischen Anpassungsgrenzen der Haushalte. Experten weisen daher darauf hin, dass Holzenergie als potenziell nachhaltige und erneuerbare Energiequelle in Afrika einen konstruktiven Beitrag zur Lösung bestimmter Entwicklungsprobleme leisten kann. Indem man den Sektor kriminalisiert, ignoriert oder nur pro forma, aber nicht de facto reguliert/regulieren kann, lässt man die wichtigste Energie-Ressource unbeachtet oder fördert noch den derzeitigen Raubbau.
Aufgrund des rasanten Bevölkerungswachstums und unzureichender Alternativen besonders fürs Kochen wird der Bedarf an Holzenergie in den kommenden Jahren in Subsahara-Afrika weiter zunehmen. Dies betrifft nicht nur private Haushalte, sondern auch die kommerzielle Verwendung etwa in Restaurants oder Wäschereien sowie die industrielle Nutzung etwa in der Nahrungsmittel-, Zement- oder Textilindustrie. In ländlichen Gebieten kann Holzenergie auch eine Möglichkeit sein, über Verfeuerung oder Holzvergasung Elektrizität für Klein- oder Kleinstnetze zu gewinnen und künftig auch Biotreibstoffe der zweiten Generation für Motoren, Pumpen und Fahrzeuge.
Ein Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit in der Energieversorgung sollte daher auf einem professionelleren Gesamtmanagement der Wertschöpfungsketten und insbesondere von Holzressourcen liegen. Wird Holzkohleproduktion verboten, verstellt man den Weg zur Verbesserung dieser Kette. Die Holznutzung muss gemeinsam mit lokalen Behörden und Gemeinden reguliert werden. Dabei spielt die Klärung von individuellen und gemeinschaftlichen Land- und Nutzungsrechten eine große Rolle.
Lokale Gemeinden sind die einzigen, die ihre Ressourcen einigermaßen kontrollieren können. Dafür benötigen sie einerseits finanzielle Anreize, andererseits aber auch Kontrolle, damit nicht lokale Eliten die Waldressourcen übernehmen. Bauern sollten innerhalb ihrer Betriebe, also außerhalb des Waldes, Bäume frei pflanzen, nutzen und fällen dürfen. Verstärkt sollte an agro-forstlichen Lösungen gearbeitet werden, die die vielfältigen Bedarfe von Kleinbauern befriedigen – sie brauchen neben Energie auch Nahrung, Früchte, Futter, Nutzholz, Material zur Bodenverbesserung und Instrumente der Alterssicherung. Die Wechselbeziehungen zwischen Bäumen und einjährigen Kulturen, Arbeit und Mechanisierung im Betrieb müssen dabei berücksichtigt werden. Die Entwicklung von Meilern und Herden muss lokal angepasst und professionell organisiert sein.
Angesichts instabiler politischer Verhältnisse, informeller, unklarer und oft korrupter Institutionen, schlechter Regierungsführung sowie klimatischer Veränderungen bleiben die Umsetzungsprobleme groß. Wesentliche Verbesserungen können allenfalls mittel- bis langfristig erwartet werden. Der Lohn wären mehr Nachhaltigkeit, Einkommen und Absicherung gegen Armut im ländlichen Raum.
Autoren: Michael Brüntrup (DIE), Harry Hoffmann (ZALF), Klas Sander (Weltbank), Jan Radermacher.
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