Die Kooperation von Bonn mit Chengdu, einer Stadt mit fast 15 Millionen Einwohnern, besteht seit dem Jahr 2000 unter dem Dach einer Regionalpartnerschaft des Landes Nordrhein-Westfalen mit der westchinesischen Provinz Sichuan. In ganz Europa gibt es derzeit zwölf solcher Kooperationen mit chinesischen Metropolen, die zu den Themen Klimawandel und Klimaanpassung arbeiten.
Bei Bonn und Chengdu stand zunächst der Kulturaustausch im Vordergrund, doch inzwischen ist der Klimaschutz das zentrale Thema. Mit einem zweijährigen Projekt für nachhaltige Stadtentwicklung wurde die Zusammenarbeit angeschoben. Interessant daran ist die Einbindung von nichtstaatlichen Organisationen auf beiden Seiten. Die deutsche Initiative Germanwatch und die europäische Organisation Third Generation Environmentalism (E3G) haben politische Entscheidungsträger und Vertreter der Zivilgesellschaft aus Chengdu und Bonn zusammengebracht. Finanziert wurde das Projekt von der Stiftung Mercator. Mehrere gegenseitige Besuche von Experten der Stadtverwaltungen in Bonn und Chengdu in den Jahren 2013 und 2014 waren nötig, um Felder der Zusammenarbeit auszuarbeiten.
Die Chinesen leiden unter schlechtem Trinkwasser
Die Folgen des Klimawandels sind in China deutlich spürbar. Hitzewellen verschärfen bereits vorhandene Umweltprobleme wie schlechte Trinkwasserqualität und Luftverschmutzung. China hat weltweit den größten Ausstoß an Treibhausgasen, doch pro Kopf verursachen Deutsche aufgrund ihrer Lebensweise nach wie vor mehr der schädlichen Klimagase: Auf jeden Deutschen entfielen 2013 gut neun Tonnen CO2 pro Jahr, auf einen Chinesen knapp sieben Tonnen.
60 Prozent der chinesischen Energie wird in Kohlekraftwerken erzeugt, erneuerbare Energien machen rund neun Prozent aus. Die Urbanisierung verläuft hier im internationalen Vergleich besonders schnell. 2010 hat die Regierung ein Programm zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes in Städten beschlossen; fünf Provinzen und acht Städte wurden für ein Pilotprogramm ausgewählt, eine dieser Provinzen ist Sichuan mit der Hauptstadt Chengdu.
In China ist das Zusammenspiel von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren noch relativ neu. Umweltinitiativen klagen häufig über den Mangel an Transparenz und die Schwierigkeit, an zuverlässige Informationen zu gelangen. Die Verantwortlichen in Chengdu hätten aber erkannt, dass sich mehr Energieeffizienz und der Ausbau erneuerbarer Energien nicht einfach von oben nach unten durchsetzen lassen, sagt Christoph Bals von Germanwatch. Im Energie- und Klimabereich hätten nichtstaatliche Organisationen mehr Freiraum als in anderen Bereichen – allerdings mit lokalen Unterschieden.
Der chinesische Umweltexperte Shinwei Ng hält die Beteiligung der Zivilgesellschaft für entscheidend für den Erfolg. Ein gleichberechtigter Austausch von Ressourcen, Kenntnissen und Erfahrungen zwischen zwei Städten führe zu einem stärkeren Engagement auf beiden Seiten, schreibt er im chinesischen Webmagazin „Chinadialogue“. Das widerspreche der Erwartung vieler chinesischer Städte, die an eine einseitige Kooperation gewöhnt seien, in der das Geld schnell fließt und die Projekte nahezu sofort starten.
China setzt auf Klimaschutz in den Städten
Eine zentrale Rolle bei der Zusammenarbeit der beiden Städte spielt das Programm „Sustainable Bonn“ (Nachhaltiges Bonn). In der ehemaligen Bundeshauptstadt finden viele Kongresse und Konferenzen statt, weil zahlreiche internationale Organisationen hier ihren Sitz haben. Das Projekt unterstützt kleine und mittlere Unternehmen vor allem aus den Branchen Gastronomie, Hotellerie und Veranstaltungsmanagement bei der Entwicklung von umweltfreundlichen Geschäftsstrategien; das Programm soll außerdem die Verwendung von Erzeugnissen aus der Region fördern. Die Betriebe können sich beraten lassen und erhalten für ihre Bemühungen in Sachen Nachhaltigkeit für zwei Jahre die Auszeichnung „Partner of Sustainable Bonn“, die sie für ihr Marketing verwenden können. Bisher haben sich mehr als 50 Betriebe an der Initiative beteiligt. Die Stadt Chengdu will in Zukunft in einem Bezirk der Stadt den nachhaltigen Tourismus fördern, wie es in Bonn bereits geschieht.
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