Bedroht im Klima der Angst

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Menschenrechte
Menschenrechte wie die Meinungs- und Pressefreiheit werden mit Füßen getreten – nicht nur in der Türkei. Aktivisten und Wissenschaftler sehen darin einen weltweiten Trend. Sie fordern die Europäer auf, enger zusammenzustehen, um diese Rechte zu verteidigen.

Die Verhaftungswelle nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei ist nur das jüngste Beispiel: Die zentralen bürgerlichen und politischen Rechte seien derzeit weltweit wieder in einem „stärkeren Umfang bedroht“, schreibt der Politikwissenschaftler Frédéric Krumbein in einem neuen Papier für die Stiftung Wissenschaft und Politik. Die Organisation Freedom House habe in den vergangenen Jahren in 105 Staaten Rückschritte festgestellt; in nur 61 Ländern habe sich die Lage verbessert.

Krumbein beruft sich ferner auf Daten von Amnesty International, nach denen im vergangenen Jahr in mindestens 113 Staaten die Meinungs- und Pressefreiheit eingeschränkt waren. Auch der Indikator der Pressefreiheit, den die Organisation Reporter ohne Grenzen seit 2013 errechnet, ist deutlich zurückgegangen. Nur 13 Prozent der Weltbevölkerung leben demnach in Staaten mit einer freien Presse.

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit würden ebenfalls immer häufiger beschnitten, schreibt Krumbein. Vor allem autoritäre Regime wie Russland, Ägypten oder China „beschränken die Zivilgesellschaft gegenwärtig in bislang ungekanntem Ausmaß“, unter anderem mit Hilfe von Gesetzen, mit denen die Arbeit nichtstaatlicher Organisationen stärker kontrolliert werden soll.

Nationalismus grenzt Menschen aus

Die Ursachen sieht der Politologe vor allem in drei Entwicklungen, die zu einem „Klima der Angst, der Ausgrenzung und des Hasses“ geführt hätten. Zum einen diene seit dem 11. September 2001 der Antiterrorkampf als Vorwand, Menschenrechte zu beschneiden. Darüber hinaus breiteten sich etwa in Indien und Russland, aber auch in europäischen Ländern nationalistische Ideologien und religiöser Extremismus aus; dies führe in vielen Fällen dazu, „den Anderen geringer zu achten und ihm oder ihr weniger Rechte einzuräumen“.

Und nicht zuletzt hätte die USA und Europa an Glaubwürdigkeit verloren, weil sie die Achtung der Menschenrechte nicht immer mit der notwendigen Geschlossenheit einforderten, kritisiert Krumbein. An die Europäische Union (EU) richtet er deshalb einen Appell, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu stärken. Der Auswärtige Dienst der EU und die Mitgliedsstaaten sollten sich enger abstimmen und bei allen Regierungskontakten mit Staaten wie China dieselben Themen ansprechen.

Weiter solle die EU die Menschenrechtsarbeit der Vereinten Nationen stärker als bislang fördern, vor allem die Arbeit von Sonderberichterstattern, fordert Krumbein. Und sie solle verstärkt neue Demokratien wie Südkorea, Taiwan oder Tunesien unterstützen. Die könnten zu Vorbildern in ihren Regionen werden.

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