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Die tansanische Regierung hat Hunderttausende Flüchtlinge aus Burundi eingebürgert. Die Einheimischen waren zunächst wenig begeistert.

Es war ein großer Augenblick für die Neubürger: Im vergangenen Jahr durften sie zum ersten Mal bei der Wahl des Staatspräsidenten von Tansania abstimmen – des Landes, in dem viele von ihnen seit Jahrzehnten leben. Am 14. Oktober 2014, dem 15. Todestag von Staatsgründer Julius Nyerere, hatten die ersten von rund 162.000 burundischen Flüchtlinge in einer feierlichen Zeremonie ihre Staatsbürgerschaftsurkunden erhalten.

Insgesamt will die tansanische Regierung 200.000 Burunder einbürgern, darunter die Kinder derjenigen, die 1972 vor den blutigen ethnischen Unruhen in ihrer Heimat geflohen waren. Es ist die größte Gruppe von Flüchtlingen in der Geschichte des UN-Flüchtlingshilfswerkes, der nach Jahrzehnten im Exil die Einbürgerung angeboten wurde. UNHCR-Repräsentantin Joyce Mend-Cole, lobte Tansania anlässlich der Zeremonie als Vorbild bei der Suche nach Lösungen für den Umgang mit Flüchtlingen und als Land, in der die Institution des Asyls bewahrt und respektiert wird.

Bereits 1982 hatte das ostafrikanische Land rund 32.000 ruandische Flüchtlinge eingebürgert sowie 2014 rund 3000 Somalier, die 1991 aus ihrer Heimat geflohen waren. Derzeit beherbergt es außerdem rund 70.000 Kongolesen und mehr als 150.000 neue Flüchtlinge aus Burundi, die sich zwischen April und Dezember 2015 vor dem dortigen politischen Chaos in Sicherheit gebracht haben.

Burundi ist ein kleines, dicht bevölkertes Land, das seit seiner Unabhängigkeit von Belgien 1962 immer wieder von Unruhen erschüttert wird. 1972 wurden rund 200.000 Menschen während ethnischer Auseinandersetzungen getötet, die als erster Genozid in der Region der Großen Seen gelten. Rund 500.000 Kinder, Frauen und Männer flohen, die meisten in das Nachbarland Tansania. Dort wurden sie in Katumba, Mishamo und Ulynkulu angesiedelt, Siedlungen, die noch heute bestehen.

"Wir können nicht zurück nach Burundi"

Nimbona Shartiel ist einer der wenigen Burunder, die die Geschichte seines Landes noch kennen. Der heute 58-Jährige floh 1972 vor den ethnischen Verfolgungen gegen Hutu, damals war er ein Teenager. „Wir leben hier seit mehr als 42 Jahren, wir haben Kinder und Enkel. Wir können nicht zurück nach Burundi. Dort haben wir keine Familie mehr und auch kein Land“, sagt Shartiel, der einer Gemeinschaft in Katumba vorsteht. Die Mehrheit in den alten Flüchtlingssiedlungen sei in Tansania geboren, meint er. Sie nach Burundi zurückzuschicken, würde sie erneut zu Flüchtlingen machen.

Bereits 1978 hatte der UNHCR seine Unterstützung für die Burunder eingestellt, sie mussten selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen. Neben Subsistenzlandwirtschaft produzierten sie in Tansania Tabak und Kaffee für den Export. Mit ihren Geschäften trugen sie zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes bei und zahlten Steuern. Nach langen Verhandlungen mit der burundischen Regierung und dem UNHCR kündigte Tansanias Regierung 2007 schließlich an, den Flüchtlingen die Einbürgerung anzubieten.

Ein schwieriger Prozess, wie Athuman Igwe weiß, der in der Region Katavi für die Flüchtlingssiedlung Katumba zuständig ist. Viele Tansanier hätten Vorbehalte gegenüber den Neubürgern geäußert – die Flüchtlinge arbeiteten zwar hart in der Landwirtschaft, doch mit ihrer Geschichte von Konflikt- und Gewalterfahrung seien sie vielen Einheimischen als Bedrohung erschienen. Die Tansanier hätten die fremden kulturellen Einflüsse und eine Zunahme der Kriminalität befürchtet.

Sensibilisierung für die Kultur der neuen Heimat

Der frühere Commissioner von Katavi, Rajabu Rutengwe, hat den Einbürgerungsprozess eng begleitet. Er berichtet, man habe wegen der Ängste eine Schulung für die Flüchtlinge konzipiert, um sie für die Kultur und die Traditionen ihrer neuen Heimat zu sensibilisieren. Frei nach dem Motto „Gehst Du nach Rom, benimm Dich wie ein Römer“.

Aufgrund der Sicherheitsbedenken in der Bevölkerung entschied die Regierung 2011, die eingebürgerten Burunder in 16 verschiedenen Provinzen anzusiedeln, damit sie sich dort integrieren und ein neues Leben beginnen konnten. Dagegen wehrten sich jedoch die Neubürger: Sie warfen der Regierung vor, sie von ihren Freunden und Verwandten zu trennen und zudem gegen die Verfassung zu verstoßen, laut der jeder Tansanier das Recht hat, sich seinen Wohnort auszusuchen. Damit kam die bereits begonnene Einbürgerung ins Stocken – viele Flüchtlinge stoppten ihre Investitionen in die Landwirtschaft und meldeten ihre Kinder nicht für weiterführende Schulen an, weil sie nicht wussten, ob sie in ihren Siedlungen bleiben durften oder nicht.

Erst 2014 gab die tansanische Regierung bekannt, dass die Neubürger in den Siedlungen bleiben dürfen – oder in einen anderen Teil des Landes ziehen können, wenn sie das möchten. Damit war der Weg für die Einbürgerung frei, die von vielen ehemaligen Flüchtlingen mit großer Dankbarkeit begrüßt wurde. „Wir sind so glücklich, dass wir nun Tansanier sind. Denn wir kennen keine andere Heimat mehr“, so war die übereinstimmende Reaktion in den Siedlungen von Katumba, Mishamo und Ulyankulu.

Aus dem Englischen von Gesine Kauffmann.

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erschienen in Ausgabe 3 / 2016: Flucht und Migration: Dahin, wo es besser ist
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