„Zu lange wurde der Einfluss der Religion auf die internationale Zusammenarbeit vernachlässigt“, heißt es in der neuen Strategie, die Müller Mitte Februar in Berlin vorstellte. Erstmals in der mehr als 50-jährigen Geschichte des Ministeriums lud Müller dazu zu einer internationalen Konferenz „Religion und Entwicklung“ ein. Unter den mehr als 200 Teilnehmern waren alle Glaubensrichtungen vertreten; prominente Gäste waren unter anderen der Großmufti des Libanon, Scheich Abdul Latif Derian, und der Erzbischof aus dem pakistanischen Lahore, Sebastian Francis Shaw.
Als das Ministerium 2015 Konsultationen zur Erstellung der neuen Strategie begann, hagelte es viel Kritik. Gegner befürchteten, der CSU-Politiker wolle vor allem das christliche „C“ seiner Parteienfamilie größer schreiben. Andere warnten davor, ohne Not die traditionell weltliche Ausrichtung der Zusammenarbeit aufs Spiel zu setzen.
Auffallend ist nun, dass Zuordnungen wie „christlich“ oder „islamisch“ in dem Strategiepapier sorgfältig vermieden werden. „Unsere Politik ist weltanschaulich neutral, aber wir stehen für Werte“, betonte Müller am Vorabend der Konferenz. „Wir bevorzugen keine Religionsgemeinschaft und grenzen niemanden aus.“ Universelle menschenrechtliche Standards seien die Basis der neuen Strategie und für die Annährung an religiöse Mitstreiter, die sich als moderate Glaubensführer zu den Menschenrechten bekennen und gegen extremistische Angriffe verteidigen wollten.
Mehr Einsatz für die Religionsfreiheit
Ziel sei es, Trennendes zu schwächen und Verbindendes zu stärken, sagte Müller. Damit erkennt die Strategie an, dass Religionen Krisen und Konflikte ebenso anheizen wie entschärfen können. Versöhnung und Frieden könnten nur in Zusammenarbeit mit religiösen Akteuren gelingen, gleiches gelte für die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele.
Als verbindende Elemente unterschiedlicher Religionen zu einer gemeinsamen Wertebasis nannte Müller Toleranz und Respekt, Gleichberechtigung und Frieden. Das „große Bekenntnis zur Mitmenschlichkeit, der Einsatz für den Nächsten“ verbinde staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit Religion. Als geplante Maßnahmen werden in dem Papier unter anderem die Förderung interreligiöser Dialoge, lokaler religiöser Hilfsorganisationen oder der Einsatz für Religionsfreiheit genannt.
Die Lösung der heutigen Krisen dürfe nicht allein Politikern überlassen werden, sagte Müller. Deutschland gründet deshalb mit anderen Gebern die „International Partnership on Religion and Sustainable Development“ (PaRD), in die sich neben führenden Glaubensvertretern auch Organisationen wie die Weltbank und die Vereinten Nationen einreihen.
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