Die Symbolik war gewollt: In engem Schulterschluss mit dem Cheflobbyisten des Deutschen und Europäischen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, erklärten Entwicklungsminister Dirk Niebel und Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner auf der Berliner Grünen Woche, man werde sich dafür einsetzen, dass die Agrarexportsubventionen im Zuge der anstehenden EU-Agrarreform endgültig und vollständig abgeschafft werden. Diese Subventionen richteten in den Partnerländern verheerenden Schaden an, heißt es im neuen Zehn-Punkte-Programm des BMZ zur ländlichen Entwicklung und Ernährungssicherung. Als weitere Schwerpunkte nennt das Papier eine bessere Verzahnung von Not- und längerfristiger Entwicklungshilfe, die Förderung von Frauen, die Verbesserung des Zugangs zu Bildung, die Unterstützung von Kleinbauern sowie die Eindämmung von „Land Grabbing“ und die Abfederung von Preisschocks, wie sie durch die Spekulation mit Agrarrohstoffen entstehen.
Autor
Johannes Schradi
war bis Frühjahr 2013 Berlin-Korrespondent von „welt-sichten“.700 Millionen Euro will das Entwicklungsministerium für die ländliche Entwicklung und Ernährungssicherung pro Jahr bereitstellen – elf Prozent des gesamten BMZ-Haushalts und doppelt so viel wie noch vor fünf Jahren – ein Höchstwert, erklärt Minister Niebel. Eine eigens geschaffene Task Force soll die Zusammenarbeit mit internationalen Hilfsorganisationen verbessern und dafür sorgen, dass die deutschen Ministerien an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern zu stärken.
Ein Ende der Exportsubventionen würde nicht viel ändern
Alles „Schritte in die richtige Richtung“, lobten denn auch Hilfsorganisationen wie „Brot für die Welt“ und die Welthungerhilfe die neue Initiative. Zugleich vermissten sie klare Ansagen, in welchem Zeitraum was genau erreicht werden solle. Das Programm lasse zudem unerwähnt, dass weiterhin über 50 Milliarden Euro jährlich in die europäische Landwirtschaft fließen, selbst wenn die Agrarexportsubventionen (Volumen 2011: 164 Millionen Euro) abgeschafft würden. Das mache es auch fortan den Bauern in den Entwicklungsländern extrem schwer, eine konkurrenzfähige eigene Produktion aufzubauen.
Weiter ungeklärt bleibe zudem die Frage, in welchem Umfang das BMZ künftig auch auf grüne Gentechnik und agrarindustrielle Anbaumethoden in den Entwicklungsländern setze – was einer der Zankäpfel schlechthin in der ganzen Debatte ist. Thilo Hoppe von den Grünen: „Vor lauter Aktionismus bleibt unerwähnt, welches Landwirtschaftsmodell Minister Niebel fördern will.“
Diese Frage hatten Niebel und Ilse Aigner bereits vor gut einem Jahr nicht befriedigend beantwortet, als sie schon einmal Seit an Seit ein Konzept vorstellten: Das Spektrum müsse „vom High-Tech-Mähdrescher bis zur Spitzhacke“ reichen, hatte Ilse Aigner damals gesagt. Und so wie jetzt fehlte auch damals schon eine über Absichtserklärungen hinausgehende Agenda, wie die propagierte weltweite „Ernährungssouveränität“ erreicht werden könnte.
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